Autor Thema: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!  (Gelesen 544349 mal)

Offline Greg

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #825 am: März 20, 2013, 12:28:27 Nachmittag »
So wie ich es verstanden habe, berichtet der Fischer von dem Hauptfeuerball, von dem dann ca. 7 Fragmente weiterflogen. Es gibt hier auch irgendwo einen Videolink zu dem Interview.
D.h., er beschreibt das, was wir auf den Bildern und Videos sehen. Mehrere Stücke schießen weiter, während die Hauptmasse über Korkino abgebremst wird und explodiert.

Greg  :hut:

Offline gsac

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #826 am: März 20, 2013, 12:34:52 Nachmittag »
PS: Deputatskiy Депутатский liegt hier 54°50'40.42"N,  61° 7'52.41"E

:super: Martin, danke!
Alex

Offline gsac

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #827 am: März 20, 2013, 12:54:59 Nachmittag »
So wie ich es verstanden habe, berichtet der Fischer von dem Hauptfeuerball, von dem dann ca. 7 Fragmente weiterflogen. Es gibt hier auch irgendwo einen Videolink zu dem Interview.
D.h., er beschreibt das, was wir auf den Bildern und Videos sehen. Mehrere Stücke schießen weiter, während die Hauptmasse über Korkino abgebremst wird und explodiert.

Kommt hin! Eine ganz simple trigonometrische Rechnung zeigt, daß ein in rund
20 km oder noch etwas mehr Höhe stattfindendes Ereignis visuell sehr wohl
auch am äussersten Ende der Ellipse, am Chebarkul-See, noch deutlich über
dem Horizont gesehen werden konnte, wenn die Sichtbedingungen gut waren
(was bezeugt ist durch zahlreiche Videos). Bei einer Höhe über Horizont von
15 Grad wäre das bei einer Ereignishöhe von 20 km eine Entfernung von rund
75 km, bei einer Ereignishöhe von 25 km eine Entfernung von rund 93 km. Die
Fischer am Chebarkul-See können/werden das durchaus gesehen haben.
 
Und das würde auch erklären, warum man direkt am Chebarkul-See nicht nach
diesen erwähnten weiteren etwa 6 Fragmenten suchen muß, die Gegenstand
der Beobachtung waren. Denn das von den Fischern beobachtete Ereignis war
weiter entfernt als auch hier zunächst gedacht.

Dann wäre interessant zu wissen, wieviel Zeit zwischen dieser Beobachtung der
Explosion durch die Fischer und dem nachfolgenden Impakt im See vergangen ist.
Es werden vermutlich diese bereits irgendwo erwähnten knapp 2 Minuten sein.
Dann wiederum war die letzte Phase auch für den späteren Impaktor im See wohl
doch Dunkelflug, und er wird jenseits des Retardierungspunkts mit rein gravitativ
bedingter Fallgeschwindigkeit, also mit etwa 300 km/h, in den See gefallen sein.

Alex
« Letzte Änderung: März 20, 2013, 13:53:32 Nachmittag von gsac »

MilliesBilly

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #828 am: März 20, 2013, 12:57:33 Nachmittag »

Martin Dank auch meinerseits für die Koordinaten von Deputatskoje. Liegt laut Google Earth 16,5 km ziemlich exakt NW von Emanzhelinka.

Was den Augenzeugenbericht der Fischer am Chebarkul-See betrifft, sollten wir uns vergegenwärtigen, dass hier die Rede von einer Reihe von Fragmenten ist, deren Durchmesser sich wohl im < 1-Meter-Bereich befindet (1 m3 Granit wiegt bereits3 t. !). Wenn sie diese tatsächlich gesehen haben und sogar deren Anzahl in etwa bestimmen konnten, müssten die Objekte bereits ziemlich nahe gewesen sein, eben in Sichtweite. Das dürften im konkreten Fall vielleicht wenige km gewesen sein, wohl kaum mehr. Somit glaube ich nicht, dass sie der ersten großen Phase der Fragmentation visuell beigewohnt haben, die > 70 km entfernt stattgefunden hat.

Offline gsac

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #829 am: März 20, 2013, 13:12:05 Nachmittag »
Somit glaube ich nicht, dass sie der ersten großen Phase der Fragmentation visuell
beigewohnt haben, die > 70 km entfernt stattgefunden hat.

Doch, Kollege Milly, das geht ohne weiteres! Und das wird es gewesen sein, wenn sie
dort an ihren Eislöchern mit Blickrichtung Osten oder Ostsüdost gesessen haben, und
die Sicht glasklar war, wie bezeugt.

PS: ich mache mir manchmal einen Spaß daraus, mit dem Online-Programm flightradar24
Flugzeuge zu identifizieren, die man mit ihren Kondensstreifen sieht. Ich kann, hier von
Berlin aus, bei guter Ostsicht problemlos visuell Maschinen ausmachen, die sich in 35.000
Fuß Höhe noch über Polen befinden und dort Kondensstreifen hinter sich her ziehen, mehr
als 70 km entfernt...


Alex
« Letzte Änderung: März 20, 2013, 13:32:23 Nachmittag von gsac »

Offline Haschr Aswad

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #830 am: März 20, 2013, 13:15:40 Nachmittag »

Gibt es inzwischen eigentlich eine einigermassen zuverlässige Streufeldskizze?

Mir liegt eine relativ präzise Streufeldskizze vor, die allerdings auf einem Google-Earth Satellitenbild beruht. Aufgrund von unklaren Urherberrechtsfragen publiziere ich nur noch ungern Grafiken auf Google-Earth Basis. Wenn jemand eine schöne topographische Karte aus einer public domain Quelle angeben kann, übertrage ich gerne die Streufeldskizze und stelle sie hier vor.

Offline gsac

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #831 am: März 20, 2013, 13:22:24 Nachmittag »

Gibt es inzwischen eigentlich eine einigermassen zuverlässige Streufeldskizze?

Mir liegt eine relativ präzise Streufeldskizze vor, die allerdings auf einem Google-Earth Satellitenbild beruht. Aufgrund von unklaren Urherberrechtsfragen publiziere ich nur noch ungern Grafiken auf Google-Earth Basis. Wenn jemand eine schöne topographische Karte aus einer public domain Quelle angeben kann, übertrage ich gerne die Streufeldskizze und stelle sie hier vor.

Das wäre natürlich eine feine Sache. Ich kann auf die Schnelle von hier keine public domain
Karte raussuchen, aber schön, wenn jemand das tun würde...

Alex

Offline DCOM

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #832 am: März 20, 2013, 14:07:42 Nachmittag »
Denn das von den Fischern beobachtete Ereignis war
weiter entfernt als auch hier zunächst gedacht.

Dann wäre interessant zu wissen, wieviel Zeit zwischen dieser Beobachtung der
Explosion durch die Fischer und dem nachfolgenden Impakt im See vergangen ist.
Es werden vermutlich diese bereits irgendwo erwähnten knapp 2 Minuten sein.
Dann wiederum war die letzte Phase auch für den späteren Impaktor im See wohl
doch Dunkelflug, und er wird jenseits des Retardierungspunkts mit rein gravitativ
bedingter Fallgeschwindigkeit, also mit etwa 300 km/h, in den See gefallen sein.

Das glaube ich eher nicht, denn dann wäre wohl keine Wasser- und Dampffontäne beobachtet worden. Ein 1000 kg schwerer Impaktor, der mit 300 km/h in den See plumps, besitzt gerade mal so viel kinetisch Energie wie beim Abbrennen bzw. der bei der Verpuffung von 100 mL Benzin frei wird. Ich glaube kaum, dass das solch ein Ereignis besonders spektakulär ist.

Die Frage ist, ob eine Brocken mit einem Gewicht von über eine Tonne überhaupt noch von kosmischer Geschwindigkeit auf normale Fallgeschwindigkeit abgebremst werden kann.

Grüße, D.U.  :prostbier:

Offline herbraab

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #833 am: März 20, 2013, 14:09:52 Nachmittag »
Wenn jemand eine schöne topographische Karte aus einer public domain Quelle angeben kann, übertrage ich gerne die Streufeldskizze und stelle sie hier vor.

Mit den Generic Mapping Tools kann man derartige Karten erstellen lassen:
http://gmt.soest.hawaii.edu/

 :hut:
Herbert
"Daß das Eisen vom Himmel gefallen sein soll, möge der der Naturgeschichte Unkundige glauben, [...] aber in unseren Zeiten wäre es unverzeihlich, solche Märchen auch nur wahrscheinlich zu finden." (Abbé Andreas Xaverius Stütz, 1794)

Offline Haschr Aswad

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #834 am: März 20, 2013, 14:42:52 Nachmittag »
Danke für den Hinweis, sieht interessant aus das Werkzeug, ich suche allerdings eine topographische Karte inkl. Abbildung der Bebauung, Straßen, Orts- und Flurnamen als Referenzpunkte.

Offline Greg

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #835 am: März 20, 2013, 15:00:41 Nachmittag »
Somit glaube ich nicht, dass sie der ersten großen Phase der Fragmentation visuell
beigewohnt haben, die > 70 km entfernt stattgefunden hat.

Doch, Kollege Milly, das geht ohne weiteres! Und das wird es gewesen sein, wenn sie
dort an ihren Eislöchern mit Blickrichtung Osten oder Ostsüdost gesessen haben, und
die Sicht glasklar war, wie bezeugt.

PS: ich mache mir manchmal einen Spaß daraus, mit dem Online-Programm flightradar24
Flugzeuge zu identifizieren, die man mit ihren Kondensstreifen sieht. Ich kann, hier von
Berlin aus, bei guter Ostsicht problemlos visuell Maschinen ausmachen, die sich in 35.000
Fuß Höhe noch über Polen befinden und dort Kondensstreifen hinter sich her ziehen, mehr
als 70 km entfernt...


Alex

Hier zwei Links (MarkV zeigte sie auf Seite 14).

Der Fischer am See wird den Meteor sicherlich sehr deutlich gesehen haben.

Ein Foto aufgenommen in Miass (20km nordwestlich von Chebarkul)
http://i.imgur.com/vUKgdvi.jpg

Ein Video aus Chebarkul:
https://www.youtube.com/watch?v=g5cOoWDhgFc

Es ist erstaunlich, wie nah die Wolke erscheint.
Ich muss mir immer mal wieder deutlich machen, dass "das da vorne" keine Schönwetter Cumuluswolke in 1,2 km Höhe ist, sondern eine riesige, 170km lange Staubwolke in über 20km Höhe.

Greg  :hut:
« Letzte Änderung: März 20, 2013, 15:29:00 Nachmittag von Greg »

MilliesBilly

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #836 am: März 20, 2013, 15:08:43 Nachmittag »

Interessant, Alex, danke für die Erläuterung. Hätte ich jetzt nicht erwartet, dass man so relativ kleine Objekte auf diese Entfernung noch ausmachen kann. Andererseits sind diese Massen ja auf die Augenzeugen zugeflogen, haben sich also permanent angenähert.

Für wichtig halte ich noch den beobachteten Aspekt, dass die Fragmente "in verschiedene Richtungen" geflogen sind. Gibt es bereits Vermutungen oder gar Erkenntnisse bezüglich des Streuungswinkels? Das wäre schließlich eine nicht unerhebliche Hilfe beim Auffinden dieser größeren Massen.

Offline Greg

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #837 am: März 20, 2013, 15:09:30 Nachmittag »
Hier noch mal eine tolle Seite.
In dem Video werden verschiedene Fotos u.a. aus Miass mit Google Earth verknüpft.
http://ogleearth.com/

Greg  :prostbier:

Offline gsac

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #838 am: März 20, 2013, 15:12:32 Nachmittag »
Es ist erstaunlich, wie nah die Wolke erscheint.
Ich muss mir immer mal wieder deutlich machen, dass "das da vorne" keine Schönwetter Cumuluswolke in 1,2 km Höhe ist, sondern eine riesige, 170km lange Staubwolke in über 20km Höhe.

Was ja übrigens immer wieder in der populären Meteoritenliteratur oder auch als Hinweis
an Meteorbeobachter auftaucht: diese Dinge kommen einem "sehr nah" vor, sozusagen als
"gleich hinter dem nächsten Hügel geschehen", aber in Wirklichkeit sind es dann doch eher
viele Dutzende von Kilometern, die den subjektiven Eindruck von der objektiven Realität
trennen. Eine Sinnestäuschung, weil unser Wahrnehmungssystem auf nahe Objekte geeicht
sind, auf unsere unmittelbare Umgebung, wenn es sich zum Beispiel um Wolkenformationen
(s. o.) oder um sich relativ zu unserem persönlichen Bezugssystem "schnell bewegte Objekte"
handelt.

Objekte, die sich mit Geschwindigkeiten im km/sec-Bereich bewegen, kennen wir einfach nicht
in unserem näheren Umfeld. Wir sehen Satelliten, die mit bis zu 8 km/s die Erde umkreisen wie
abends oder morgens in der Dämmerung manchmal die ISS, aber da *wissen* wir auch um die
Entfernung von 300+ km, wir sehen den Mond dahinziehen, auch schnell unterwegs, aber für
unser Empfinden gemütlich langsam sich vom Horizont erhebend oder sich diesem hinneigend.
Wenn dann so ein kosmischer Eindringling plötzlich mal daherkommt im zweistelligen km/sec-
Bereich und eine enorme Lichterscheinung macht, dann kommt es uns - sinnesgetäuscht! -
erst mal vor wie etwas, was in unserer nahen Umgebung passiert ist...
« Letzte Änderung: März 20, 2013, 15:42:24 Nachmittag von gsac »

Offline gsac

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Re: METEOR, 15.2.13, ~9.22 Ortszeit, Tscheljabinsk, Tjumen, Swerdlowsk, Russland !!!
« Antwort #839 am: März 20, 2013, 15:25:22 Nachmittag »
Für wichtig halte ich noch den beobachteten Aspekt, dass die Fragmente "in verschiedene Richtungen" geflogen sind. Gibt es bereits Vermutungen oder gar Erkenntnisse bezüglich des Streuungswinkels? Das wäre schließlich eine nicht unerhebliche Hilfe beim Auffinden dieser größeren Massen.

Wenn die Fischer am Chebarkul-See, was ich stark vermute, schon diese Explosion weit
weg für sie, über Korkino, beobachtet haben und es dort deutliche Richtungsänderungen
für die abgesprengten Objekte gab, wie sie berichten, dann wird man daraus kaum etwas
über mögliche Fundgebiete der abgesprengten Objekte vorhersagen können. Das wird sich
dann alles im westlichen Teil der Ellipse grossräumig verteilt haben.

Es wäre ja schön, wenn Haschr eine sichere public-domain-Basis für eine Streufeldkarte
bekommen könnte. Vermutlich wird dann später wohl die "M5" südöstlich von Chebarkul die
Pilgerstrecke und Anlaufpiste für Meteoritenleute sein, die sich an die Auffindung der etwas
grösseren Fragmente nach der Schneeschmelze heranmachen... :-)

Alex

 

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