Autor Thema: Entstehung von Chondren  (Gelesen 39158 mal)

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #45 am: September 03, 2010, 09:42:28 Vormittag »
Moin Sammlers!

Ist nicht vielen gemein, daß man den Chondren ablesen kann, daß sie nicht nur schlagartig erhitzt worden sein müssen, sondern mehrfach?

Genau so ist es! Viele Chondren zeigen Anzeichen dafür, dass sie mehrere thermische Events durchlaufen haben. Das erklärt dann auch die vielen Struktur-Typen viel einleuchtender und besser. Man muss sich ja immer vor Augen halten, dass es in Chondren nicht nur bestens auskristallisierte Olivine und Pyroxene sondern auch Glasphasen gibt.
Nun, ich bin mir sicher, dass die Kollisionstheorie nicht die letzte Theorie sein wird, von der man bei der Chondrengenese hören wird. :einaugeblinzel:

Gruß

Ingo

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #46 am: September 03, 2010, 11:03:17 Vormittag »
Genau so ist es! Viele Chondren zeigen Anzeichen dafür, dass sie mehrere thermische Events durchlaufen haben. Das erklärt dann auch die vielen Struktur-Typen viel einleuchtender und besser. Man muss sich ja immer vor Augen halten, dass es in Chondren nicht nur bestens auskristallisierte Olivine und Pyroxene sondern auch Glasphasen gibt.
Nun, ich bin mir sicher, dass die Kollisionstheorie nicht die letzte Theorie sein wird, von der man bei der Chondrengenese hören wird. :einaugeblinzel:

Naja, so schnell gebe ich mich hier nicht geschlagen. Es ist aber richtig, dass eine Theorie zur Chondrenentstehung alle Eigenschaften von Chondren erklären muss. Dazu gehören  neben den ganzen unterschiedlichen Chondritenarten auch die rekristallisierten Ränder von einigen Chondren. Wenn die Einschlags-Theorie diese Ränder nicht erklären kann, dann muss man sie verwerfen, keine Frage.

Nur: Ich habe gerade mal ein wenig in der Literatur nachgesehen. Soweit ich sehe, gibt es bisher keine Messung, wie alt die rekristallisierten Ränder im Vergleich zum inneren der Chondren sind. Wenn die Einschlagstheorie stimmt, dann müssen diese Ränder ebenfalls in der Einschlagswolke entstanden sein und damit nahezu gleich alt sein (höchstens einige Minuten oder Stunden Altersunterschied). Würde man feststellen, dass die Ränder einige zigtausend Jahre später entstanden ist, dann dürfte die Einschlagstheorie kaum noch haltbar sein.  Die entscheidende Frage ist also, ob die Ränder bei zwei zeitlich getrennten Ereignissen entstanden sind oder nicht.

Nehmen wir zum Vergleich ein Hagelkorn:
http://de.academic.ru/pictures/dewiki/72/Hagelkorn_mit_Anlagerungsschichten.jpg
Das hat auch verschiedene Schichten. Ich könnte mir einen ähnlichen Prozess in der Impaktwolke vorstellen, bei dem ein bereits fester Tropfen nochmals kurz erhitzt wird, wenn er in einen heisseren Bereich der Wolke gelangt. Blitze gibt es in so einer Impaktwolke sicherlich auch sehr viele, aber ich glaube eher nicht, dass die zu solchen Rändern führen. Da dürfte sich dann eher Glas bilden (Fulgurite).

Grüsse,
Mark

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #47 am: September 03, 2010, 11:52:34 Vormittag »
Zitat
Das erstarrte Eisen ist so gesehen nicht älter als die Chondrite.

Aber steht nicht in den Büchern drin, daß die Kristallisationsalter der Eisen (und der HEDs) jünger als die der Chondrite ist?
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Offline lithoraptor

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #48 am: September 03, 2010, 12:19:04 Nachmittag »
Moin Mark! :winke:

Naja, so schnell gebe ich mich hier nicht geschlagen. Es ist aber richtig, dass eine Theorie zur Chondrenentstehung alle Eigenschaften von Chondren erklären muss. Dazu gehören  neben den ganzen unterschiedlichen Chondritenarten auch die rekristallisierten Ränder von einigen Chondren. Wenn die Einschlags-Theorie diese Ränder nicht erklären kann, dann muss man sie verwerfen, keine Frage.

Ich bin mir nicht sicher, ob uns das weiterhelfen wird:
Ich habe die rekristallisierten Ränder an Chondren immer als Phänomen der Metamorphoseprozesse auf dem Mutterkörper verstanden. ODER Liege ich hier nun falsch? Wenn dem so sein sollte, dann hilft uns ein Altersunterschied nicht dabei, die Einschlags-Theorie zu verwerfen.
ABER: Selbst wenn die rekristallisierten Ränder nicht auf dem Mutterkörper entstanden sein sollten, sondern schon vorher besteht ja dennoch die Möglichkeit, dass die Chondren-Wolke nicht gänzlich (also nicht alle Chondren daraus) wieder auf den Mutterkörper, durch dessen Existenz sie ihre Entstehung verdankt, zurück fällt. Es besteht doch die Möglichkeit, dass einige Chondren durchs All treiben und bei weiteren Kollisionen wieder in Mitleidenschaft gezogen werden (hatte ich das hier nicht schon irgendwo gelesen?). In diesem Fall würden wir wieder einen Altersunterschied zwischen innerer Chondre und Rand feststellen. Hilft uns also auch nichts.

Das Problem bei der ganzen Sache ist doch, dass wir ggf. Altersunterschiede in der Kristallision von Chondren messen können, die wir auf unterschiedliche thermische Events zurückführen können. Wir können also sagen, wann etwas kristallisiert ist bzw. aufgeschmolzen war. Wir sind aber durch diese Untersuchungen nicht in der Lage (und werden es auch nie sein) zu klären, woher die thermische Energie für diesen Prozess letztlich gekommen ist. Aber genau diese Frage ist es doch, die man klären müsste um die Genese der Chondren zu klären bzw. ist es, die man versucht mit den Bildungstheorien zu beschreiben. Hier beißt sich die Katze doch in den Schwanz...

Gruß

Ingo

P.S. ODER gibt es doch eine Möglichkeit zu messen, durch welchen Prozess etwas aufgeheizt wurde - also eine Art von Signatur?

Offline lithoraptor

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #49 am: September 03, 2010, 12:23:09 Nachmittag »
Aber steht nicht in den Büchern drin, daß die Kristallisationsalter der Eisen (und der HEDs) jünger als die der Chondrite ist?

So habe ich es auch im Kopf. Aber wenn ich es recht verstehe, soll doch dies hier gerade gekippt werden, oder? :gruebel: :dizzy: :platt:

Gruß

Ingo

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #50 am: September 03, 2010, 12:40:51 Nachmittag »
Ja ich weiß nicht?

Wenn man so rumschaut, also die neueste Zahl (Wadhwa/Bouvier) für die CAIs ist 4,568.2 Mrd Jahre.

Und was man so an Zahlen für die Chondrenalter findt, liegt im Bereich von 2 Millionen nach CAI-Bildung.

Eisen (nehmer mal Smoliar, Walker, Morgan)
IVA 4,527 ± 29
IVB 4,456 ± 25
IIA 4,537 ± 8
IIIA 4,558

Bei den Eucs liest man, wenn man spätere Erhitzung durch Impakte wegläßt,
Zahlen zwischen 4,25 und 4,55

Und hier ist ein ganz neuer Paper,
das nahelegt, daß sich die Chondren praktisch alle simultan gebildet haben:
http://www.lpi.usra.edu/meetings/mssymp2010/pdf/8011.pdf

Also irgenwie paßt das nicht zusammen mit der neuen Theorie.

 :prostbier:
Mettmann

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Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #51 am: September 03, 2010, 12:58:02 Nachmittag »
Aber steht nicht in den Büchern drin, daß die Kristallisationsalter der Eisen (und der HEDs) jünger als die der Chondrite ist?

In den Büchern steht, dass sich als aller erstes aus der Staubscheibe die Chondren gebildet haben und sich danach aus den Chondren die Mutterkörper der Chondrite gebildet haben. Dann haben sich diese chondritischen Asteroiden zu grösseren Körpern vereinigt. Wenn sich dann ein grosser Protoplanet gebildet hat, ist dieser aufgeschmolzen und differenziert. Diese Abfolge ist falsch, das habe ich oben schon geschrieben:

Zitat
Iron meteorites provide insights into the earliest stages of accretion in the solar system as they come from bodies that formed and differentiated before the parent bodies of the chondrites had formed. We know this from Hf-W isotopic data: the parent isotope, 182Hf, which decays with a half-life of 9 Myr, prefers silicate to metallic iron whereas the reverse is true for the daughter isotope 182W. Since the proportion of 182W relative to other tungsten isotopes is indistinguishable in most irons from the initial isotopic ratio in calcium-aluminum-rich inclusions (CAIs), which were the first objects to form in the solar system, molten metal in their parent bodies must have separated from silicate almost immediately after CAIs formed. Allowing for errors in the measurements, we can infer that molten metal cores formed in most parent bodies within 1.5 Myr of CAI formation. Radiometric ages for chondrules, however, show that chondrites come from bodies that accreted 1-4 Myr after CAIs formed.
siehe auch (leider nicht im Volltext zugänglich):
http://books.google.de/books?id=skpq2GCjUl8C&pg=PA401&lpg=PA401&dq=Iron+Meteorites+and+Paradigm+Shifts&source=bl&ots=EUTfHfGLKn&sig=bGD8iP7Xn1YK64D8UqE7hlOB6Hc&hl=de&ei=yM6ATPeiNo3yOeeJ2Xg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=2&ved=0CCQQ6AEwAQ#v=onepage&q=Iron%20Meteorites%20and%20Paradigm%20Shifts&f=false

Die Mutterkörper der Eisenmeteorite sind also bereits differenziert (wenn auch wohl zu dieser Zeit noch im inneren flüssig), bevor sich die erste Chondre findet. Von daher haben sich die Mutterkörper der Eisenmeteorite direkt aus dem Nebelmaterial entwickelt, nicht erst über den Umweg über chondritische Asteroiden.

Folgt man der Einschlags-Theorie ist es sogar so, dass sich die Chondrite aus differenzierten Asteroiden gebildet haben. Also genau umgekehrt wie früher gedacht, wo man annahm, dass sich die differenzierten Asteroiden aus chondritischem Material gebildet haben.

Grüsse,
Mark


Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #52 am: September 03, 2010, 13:34:24 Nachmittag »
Zitat
Diese Abfolge ist falsch, das habe ich oben schon geschrieben

Ja, aber das kann man doch so apodiktisch nicht sagen.
Das ist halt ein Ergebnis und eine These von einem Forscher, dem Alexander.

Dieweil andere zu anderen Ergebnissen und Modellen kommen, die nicht zusammengehen mit denen Alexanders.

Wie ich pers. auch immer recht skeptisch bin gegen derart holistische Theorien, die gleich aaaaalles umfassend erklären sollen
und damit gleichzeitig so simplifizieren.
Der Alexander hat halt andere Werte, wie weit die stimmen und welche vorzuziehen sind, kann ich als Laie nicht beurteilen,
und dann verarbeitet er eine Idee, die höchst ähnlich der Vorstellung ist, wie der Gujba entstanden sein könnt und verallgemeinert die auf alles.
Und macht eine neue Theorie auf.

Ich denk indes, daß die Chondrenentstehung sicherlich ein sehr komplexeres Thema ist und keineswegs so einheitlich verlaufen sein wird, als es diese Theorie vorschlägt.

Und generell scheint man einfach noch nicht so weit zu sein, daß man die jeweiligen Theorien durch Meßergebnisse belegen oder widerlegen kann.
Es ist ja noch nicht einmal gesichert, welche Grundbedingungen für die Chondrenbildung vorausgesetzt werden können,
welche Materiedichte, welche Drücke, welche Temperaturen und -verläufe, obs in deinem offenen oder einem geschlossenen System stattgefunden hat.
Jetzt die Jahre nehmens sich ja nun z.B. den Mineralbestand der Chondren vor, was man daraus in diesen Fragen schließen könnt. Siehe jenes Paper oben oder grad über eine Habilitation aus Göttingen gestolpert, die auch zu andern Ergebnissen kommt.

Und was mich immer ein bisserl wundert, ist diese ungewöhnliche Voreiligkeit solcher Papers.
Oft wird da ein einziger Meteorit angeschaut und gemessen, paar Werte aus der Literatur zusammengeklaubt und darauf fußend sofort eine Globaltheorie aus dem Bodengestampft.
Nicht, was weiß ich, da hat man sich die CAIs in Allende, dem bestuntersuchtesten Mett der Welt, nun 40 Jahre lang, gefühlte 10.000 Mal angeschaut und gemessen. Nun mißt einer die CAIs ein einzigsmal innem NWA-CV3, kommt zu einem leicht abweichenden Ergebnis und macht sofort ein neues Faß auf, und fordert man müßte die Geschichte des Sonnensystems komplett umschreiben.
- ich mein legst denen Stefan's NWA 2900er vor, wost sowohl CV3 als auch CK als auch Dark Inclusions drin hast,
dann täten die sagen Öha! Dann halt nicht, baumer eine andere allumfassende Theorie.
Ned? Der eine schreibt ein grundlegendes Paper über Chondren und das frühe Sonnensystem, hat sich aber nur den Semarkona angeschaut. Es gibt aber hunderte andere 3er, die halt doch anders als ein Semarkona sind.
Gleichzeitig hast den Fortschritt in der Meßtechnik, sodaß alte Meßwerte mit der Zeit veralten können, oder man knöpft sich ganz andere Isotope und Zerfallsketten vor, kommt teilweise zu anderen Ergebnissen - weiß aber nicht die verschiedenen Ergebnisse der verschiedenen Mehtoden zu evaluieren (oder zu erklären).

Es ist also doch recht anders, als in der Physik, Astronomie, Medizin wo man eben lange Reihen hat, Statistiken und unendliche Füllen von Daten und Meßwerten um Schlüsse zu ziehen.

Bei den Mets scheint mir die Datendichte noch viel zu gering, um gleich so allumfassende Theorien aussem Hut zaubern zu können.

Niwwa?
:prostbier:

Mettmann
« Letzte Änderung: September 03, 2010, 13:57:45 Nachmittag von Mettmann »
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Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #53 am: September 03, 2010, 13:46:22 Nachmittag »
Nein, das Paper ist ja aus 2002. Es ist inzwischen ganz herrschende Meinung, dass sich die Eisen differenziert haben, bevor sich die Chondrite gebildet haben. Das ist nicht nur eine Theorie von einem einzelnen. http://www.psrd.hawaii.edu/April07/irons.html
http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6V66-4HW80JK-H&_user=10&_coverDate=12%2F15%2F2005&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_origin=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1449771076&_rerunOrigin=scholar.google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=4b3c46c15d382538d1d27cf7557986ca&searchtype=a

Was umstritten ist, das sind die Theorien zur Chondrenentstehung, aber es ist nicht mehr umstritten, dass die Mutterkörper der Eisen so früh entstanden sind. Die relativ neuen Erkenntnisse zu den Eisen sind aber einer der Hauptgründe, warum die Chondrenentstehung durch Einschläge in der letzten Zeit wieder deutlich mehr Beachtung und Anhänger gefunden hat.

Grüsse,
Mark
« Letzte Änderung: September 03, 2010, 14:15:38 Nachmittag von MarkV »

Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #54 am: September 03, 2010, 14:27:47 Nachmittag »
Wissenschaft is doch nicht Fußball, wo man Anhänger einer Mannschaft ist, und wer den Pokal holt, spielt auch nicht immer den schönsten Fußball.
Die Physik ist undemokratisch. Nicht die Mehrheit entscheidet.

Wir haben ein paar neue Ansätze, aber alles ist im Fluß.

(Ja ich weiß schon, daß der Alexander auch ein Paper zum Paradigmenwexxel in der Ansicht über die Eisenmettbildung geschrieben hat),
aber die Kristallisationsalter der Eisen, die wir haben, - und wir ham halt nix anders als die Mets selber - und es sind eben nur Stichproben - und deswegen darf mans den Leuten auch nicht gesetzlich verbieten, immer neue Mets zu finden, sonst kommer ned weiter -
die kann man ja auch nicht so ohne weiteres wegwischen.

Wir stehen doch noch ziemlich an Anfang. Das fängt ja schon an damit, daß wir auch grad erst lernen über die Dynamik in frühen Sonnensystemen.
Die Planeten und Asteroide saßen ja auch ned immer da, wose heut sitzen. Und es ist ja nun auch nicht sooo lange möglich von der Rechenleistung her, Modelle mit derart vielen Körpern durchlaufen zu lassen.
Und es ist doch anzunehmen, daß die Bedingungen innerhalb des frühen Sonnensystems sicherlich nicht so homogen waren, wie das diese vereinfachenden Theorien nahelegen.

Mei, aufregend ist es allemal, aber man kanns ja unemotionalisiert anschaun. Wir ham ein Dutzend Theorien zur Chondrenentstehung, Schwabbelmagmakollision, Gravitations"wellen"in der Scheibe, Elektrische Blitze Bugwellen der Planetesimale, simple Akkretion, Ausbrüche der frühen Sonne und was weiß ich noch alles.

Welche Theorie die Chondrenentstehung am Besten erklären kann, das wird halt die sein, bei der man die meisten Meßwerte unterbringen kann, bzw. auch die, die in Einzelfällen, diese am genauesten erlaubt. (Kann ja auch sicher unterschiedliche Mechanismen bei der Chondrenbildung gegeben haben. Monokausal is in der Natur selten was).

Das muß mn einfach abwarten.
Das is aber auch das schöne in der Naturwissenschaft, daß das eben so ist und nicht so wie in der Geisteswissenschaft, wo man eher nur mit gedanklichen Konstrukten spielen muß.

 :prostbier:
Mettmann

PS: Ehm warum hammer bei der Kollisionstheorie dann eigentlich nur Silikatische Chondren, wenn vorher differenzierte Asteroide zammgrumpelt sind oder Magmabälle, aber keine Eisentropfen so wie bei Gujba?

- und problematisch könnt auch sein, wie krieg ich bei einer solch kurzfristigen Kollision von differenzierten Asteroiden
die interstellaren Staubteilchen in die Matrix der Chondrite?
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Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #55 am: September 03, 2010, 15:27:28 Nachmittag »
Das muß man einfach abwarten.
Das is aber auch das schöne in der Naturwissenschaft, daß das eben so ist und nicht so wie in der Geisteswissenschaft, wo man eher nur mit gedanklichen Konstrukten spielen muß.

Klar, einerseits macht es ja auch gerade den Reiz beim Meteoritensammeln aus, dass man noch nicht alles über diese Steine weiss. Sonst wäre es auch nicht so spannend. Andererseits erhofft man sich nach 200 Jahren Meteoritenforschung schon irgendwann mal eine Antwort auf die Frage, woher die Chondren kommen, aus denen über 80% aller Meteorite zusammengesetzt sind. Ich sehe da inzwischen aber doch etwas Licht am Ende des Tunnels. Die Anzahl der Theorien, die noch verstärkt diskutiert werden, hat sich von einem Dutzend auf vielleicht 3 Stück reduziert. Von daher erleben wir es hoffentlich noch, dass sich die Wissenschaft in der Frage einig wird.

Hier noch ein Bild zum Thema, das ich vorhin aufgenommen habe (NWA 4216 LL3.3):
http://www.parhelia.de/mets/nwa4216d.jpg

 :prostbier:

Grüsse,
Mark



Offline Greg

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #56 am: September 03, 2010, 15:33:20 Nachmittag »
Hallo,  :hut:

Zitat
Die Mutterkörper der Eisenmeteorite sind also bereits differenziert (wenn auch wohl zu dieser Zeit noch im inneren flüssig), bevor sich die erste Chondre findet. Von daher haben sich die Mutterkörper der Eisenmeteorite direkt aus dem Nebelmaterial entwickelt, nicht erst über den Umweg über chondritische Asteroiden.

Folgt man der Einschlags-Theorie ist es sogar so, dass sich die Chondrite aus differenzierten Asteroiden gebildet haben. Also genau umgekehrt wie früher gedacht, wo man annahm, dass sich die differenzierten Asteroiden aus chondritischem Material gebildet haben.

Moment, halt stop! Mir fehlt an dieser Stelle nun die Stringenz.

Erst wurde gesagt, dass die chondritischen Mutterkörper entstanden sind bei Kollisionen von Magmabällen. Es formten sich Kügelchen und pappten als kleine chondritische Mutterkörper in der Wolke zusammen.
Die übriggebliebenen Magmabälle kühlten weiter ab, differenzierten sich und übrig blieben die "Mini-Vestas", von denen letztlich die Eisenmeteorite stammen.
Dies hört sich für mich plausibel an.

Doch nun heißt es plötzlich, dass die Asteroiden ja schon differenziert waren, bevor sich die chondritischen Mutterkörper bildeten. Und als Begründung für die Herkunft der chondritischen Mutterkörper werden zwar flüssige, aber differenzierte Asteroiden genannt. Also doch keine Entstehung aus kleinen Magmabällen, sondern aus differenzierten Körpern... :gruebel: :dizzy:

Hier liegt doch ein logischer Fehler vor.
Für einen Gujba kann ich dieses Szenario gut annehmen. Aber für die anderen Chondriten, mit ihrem Eisen- und Metallanteil - nein. Man kann sich gut vorstellen, wie sich aus undifferenzierten Magmabällen die Tröpfchen beim Impakt abtrennen etc. Aber wie sollen sich aus differenzierten Körpern mit Eisenkern und Silikatkruste chondritische Mutterkörper bilden?? Wo die Chondrite innen gleichmäßig, fein verteilte Eisensplitter aufweisen?

Gruß
Greg



Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #57 am: September 03, 2010, 16:02:07 Nachmittag »
Hier liegt doch ein logischer Fehler vor.
Für einen Gujba kann ich dieses Szenario gut annehmen. Aber für die anderen Chondriten, mit ihrem Eisen- und Metallanteil - nein. Man kann sich gut vorstellen, wie sich aus undifferenzierten Magmabällen die Tröpfchen beim Impakt abtrennen etc. Aber wie sollen sich aus differenzierten Körpern mit Eisenkern und Silikatkruste chondritische Mutterkörper bilden?? Wo die Chondrite innen gleichmäßig, fein verteilte Eisensplitter aufweisen?

Diese Magma-Bälle hatten aussen bereits eine Silikatkruste. Die war aber nur recht dünn. Sanders nimmt für einen 50km Körper eine Kruste von 500m an. 95% des Magma-Balls waren flüssig. Die Konvektion war sehr stark. Inwieweit sich das Eisen unter diesen Bedingungen bereits in der Mitte sammeln kann, ist nicht ganz klar. Aber Sanders schreibt: "The answers may also illuminate the distinct shortfall of iron and other siderophile elements in, for example, the L and LL chondrites. The L and LL parent bodies perhaps accreted form splash ejecta sourced mainly in molten planetesimales where the iron had already sunk." Das heisst, die L und LL chondrite könnten aus einem Magma-Ball entstanden sein, bei dem sich das Eisen bereits im Kern angesammelt hat. Dann wurde nicht so viel Eisen in die Einschlagswolke abgegeben.
http://adsabs.harvard.edu/full/2005ASPC..341..915S

Die unterschiedlichen Chondriten (H,L,LL) könnten sich also aufgrund verschiedener Einschlagssituationen gebildet haben. Frühere Zusammenstösse, wo das Eisen noch besser vermischt war oder Einschläge, die zentral den Kern des Asteroiden getroffen haben, würden zu eher eisenreichen Chondriten führen, spätere oder streifende Einschläge eher zu eisenärmeren Chondriten.

Grüsse,
Mark

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #58 am: September 03, 2010, 17:08:43 Nachmittag »
(Kann ja auch sicher unterschiedliche Mechanismen bei der Chondrenbildung gegeben haben. Monokausal is in der Natur selten was).

Ganz meine Rede!

Es liegt ja in der Natur der naturwissenschaftlichen Forschung :einaugeblinzel: , dass sie immer nur in der Lage ist spezifische Sachverhalte relativ losgelöst von anderen zu betrachten und zu beschreiben. Meiner Ansicht nach geht dabei des öfteren der Blick für das große Ganze verloren, aber damit muss man wohl (oder übel) leben.

Gruß

Ingo

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #59 am: September 04, 2010, 17:39:44 Nachmittag »
Hallo,
ich hab hier einige Infos zu den Randzonen (rims) und mehrfachen Erhitzung von Chondren zusammengetragen.  

Rubin et al 1994
http://adsabs.harvard.edu/full/1994LPICo.844...31R
Es gibt zwei Arten von Randzonen (rims), feinkörnige und grobkörnige. Die feinkörnige Randzone umgibt die meisten Chondren von Typ 3 Chondriten. Sie hat sich vermutlich aus dem Nebel an die Chondren angelagert.

Die grobkörnige Randzone tritt bei etwa 10% der Chondren von gewöhnlichen Chondriten auf. Bei den CV3 Chondriten weisen 50% der Chondren eine grobkörnige Randzone auf. Diese Art der Randzone ist wahrscheinlich durch teilweise Aufschmelzung von feinkörnigem, staubreichen Vorgängermaterial entstanden. Jede grobkörnige Randzone von Typ 1 Chondren ist bei gewöhnlichen Chondriten von einer feinkörnigen Randzone umgeben. Die grobkörnigen Randzonen bei Typ 2 Chondren sind weniger stark geschmolzen.  Der Mechanismus, der die grobkörnigen Randzonen angeschmolzen hat, ist der gleiche, der für die Entstehung der Chondren verantwortlich ist. Das Vorkommen von grobkörnigen Randzonen um Chondren-Fragmente und isolierte Mineralkörner weist darauf hin, dass einige Chondren fragmentiert wurden, bevor sich ein Staubmantel um sie bilden konnte, der dann zu einer Randzone geschmolzen wurde.

(Chondrules and the protoplanetary disk, S.266, 1996
Viele Chondren könnten wenigstens drei getrennte Erhitzungsereignisse zeigen. Ein erstes, um einige "relict grains" zu erklären, ein zweites, das die eigentliche Chondre erzeugt hat und ein drittes, das die Schmelzränder um die Chondre erklärt.

Auf S. 174 wird eine BO Chondre mit einer grobkörnigen Randzone (coarse-grained rim) gezeigt. Die Randzone schliesst die gebrochenen Olivinkristalle ein. Daraus wird gefolgert, dass sich die Randzone gebildet hat, nachdem die Chondre kristallisiert und fragmentiert ist. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass Chondren mit grobkörniger Randzone mehr als einmal über die Schmelztemperatur erhitzt wurden. Bei einigen dieser wiederholten Aufheizungen könnte sogar die ganze Chondre geschmolzen sein, weshalb die Anzahl der Chondren mit Randzone nur die untere Grenze für die Anzahl von Chondren mit mehrfacher Erhitzung darstellt.

Hutchison ( http://articles.adsabs.harvard.edu/full/2005ASPC..341..933H ) betont, dass es keine Chondren gibt, die nur teilweise geschmolzen sind. Man hat noch in keiner Chondre im inneren Reste eines ungeschmolzenen Vorgängermaterials gefunden. Das Ereignis, das zur eigentlichen Chondrenentstehung geführt hat, ist langandauernder gewesen als das Ereignis, das zu den Randzonen geführt hat. Daher seien hier zwei verschiedene Mechanismen am Werk und die eigentliche Chondrenentstehung hat daher nichts mit den Randzonen zu tun.

Bunch et al 1991 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11538105
Bunch sagt, dass Experimente darauf hinweisen, dass die Randzonen von Chondren durch Hochgeschwindigkeits-Einschläge in den Regolith des Mutterkörpers entstanden sein könnten. Beim experimentellen Beschuss eines Materials mit geringer Dichte haben sich um das Projektil ähnliche Randzonen gebildet wie man sie bei Chondren beobachtet. Er unterscheidet "granular" und "opaque-rims" und sagt, dass diese Arten von Randzonen sich nicht mit einer Entstehung im Nebel erklären lassen, weil Chondren- und Matrix-Fragmente in den Randzonen gefunden wurden.


HC Connolly Jr - 1998 The Formation of Chondrules PetrologicTests of the Shock Wave
http://www.google.de/url?url=http://trs-new.jpl.nasa.gov/dspace/bitstream/2014/18995/1/98-0150.pdf&rct=j&sa=U&ei=YxWCTJbnEMamsAaPsPSSBg&ved=0CE4QFjAIOAo&q=rims+chondrules&usg=AFQjCNE6r389oamO-nW5WoSIH-ToBk3D2Q&cad=rja
Viele Chondren enthalten "relict grains". Die "relict grains" könnten aus früheren Generationen von Chondren stammen die fragmentiert sind. Dann wurden die fragmentierten Chondrenbestandteile wieder akkretiert und zu einer neuen Chondre geschmolzen. Chondren haben daher mehrmals einen Schmelzprozess durchlaufen, unterbrochen von Perioden der Fragmentation und Akkretion.
Viele Chondren haben Schmelzränder. Diese entstanden dadurch, dass zunächst kalter, feinkörniger Staub akkretiert wurde. Dann gab es ein Erhitzungs-Ereignis, das den Staub geschmolzen hat, ohne die darunterliegende Chondre zu schmelzen.


Sears et al, 1992 http://articles.adsabs.harvard.edu/full/1992Metic..27R.288S
Die feinkörnigen Randzonen bei Chondren von Murchison könnten durch eine Modifizierung aufgrund Wassereinfluss entstanden sein. Einige grobkörnige Randzonen in anderen Meteoriten könnten durch Umwandlung solcher feinkörnigen Randzonen entstanden sein.

Rubin et al 1987
http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6V66-488Y3PK-13R&_user=10&_coverDate=07%2F31%2F1987&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_origin=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1450522973&_rerunOrigin=google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=b17ed07659f1236a4fdc237f9fa59242&searchtype=a
Die grobkörnigen Randzonen von Chondren entstanden durch ein Hitzeereignis im All. Danach hat sich Staub an die Chondre angelagert. Dies begrenzt die Theorien zur Chondrenentstehung auf solche, die eine mehrfache Erhitzung im Nebel zulassen.
« Letzte Änderung: September 04, 2010, 17:55:16 Nachmittag von MarkV »

 

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