Nein! Sag ich. Stollentroll
und nochmals Nein! upheaval!
Die Meteoritensammelei kommt nur in einer Mimikry des Mineraliensektors daher,
unterscheidet sich aber substantiell!
Man kann es einfach nicht vergleichen.
Wie soll ich mich nur ausdrücken... so ein Mineraliensammler, keine Ahnung, der sucht z.B. ein bestimmtes Mineral in Form einer Stufe mit einem bestimmten Habit oder in einer ganz bestimmten Ausprägung oder in einer bestimmten Größe oder mit bestimmten Begleitmineralen oder von einem bestimmten Fundort. Und da hat er die Wahl und kann im Prinzip aus abertausenden Stufen wählen, auch kann man jederzeit zur Lagerstätte gehen, neue holen...
Bei Meteoriten ist es eher so, daß
jeder einzelne und individuelle Fund für sich genommen, quasi schon das ist, was für den Mineraliensammler das Mineral ist. Also ein Murchison, das ist bereits (das oder der, ich merks mir nie) das Krautit,
der NWA 011 ist das Bornit, der NWA 4485 das Freieslebenit und der Campo der Nasonit.
Nicht?
Es fällt sozusagen in dieser Hierarchie von Oberbegriff - "das Mineral" - oder bei den Fossilien (Ammonit, Trilobit ect) all die Millionen von Stufen und Stücken, die sich darunter versammeln und aus denen die Mineraliensammler bedienen,
die fallen weg, dieser ganze Unterbau. Der Bilanga ist bereits "Ammonit", der NWA 4898 ist "Trilobit"...
Verstehts was ich meine?
Praktisch jeder Meteorit - ich meine jetzt nicht das tatsächliche Stück im Schrank - sondern den jeweiligen Fund oder Fall,
besitzt eine Individualität, fast hätte ich geschrieben, eine Persönlichkeit - und das meine ich nicht als bedeutungsübertragende Schwärmerei, sondern das Ding an sich.
Man kann sie im Grunde nur vergleichen, wenn man ins Mineralsammlerreich hinübermuß, mit den berühmtesten und legendären Einzelstufen. Weißt schon, diese Dinger, die jedes für sich hundertausende und Millionen kostet oder wert ist,
die in den Museen behütet sind und wenn sie auf Ausstellungen geholt werden, sich die Mineralienfreunde die Nasen platt drücken und in Verzücken verfallen und es Ereignis ist. Also solche Exemplare, bei denen, werden ihre Namen erwähnt, jeder Sammler sofort weiß, welches Stück gemeint ist.
Nicht - jeder Mondmeteorit ist so etwas wie ein Archäopteryx. Das ist nicht, wie Amethyst und so nun suchmer uns die beste Druse raus.
Jeder Mars ist der Stern von Indien. Millbillillie das ist nicht einfach nur "Eukrit", das ist nicht "Bergkristall", sondern das ist sowas, wie nun die Bergkristallmonsterteile, die für Millionen ins Museum gehen und nicht einfach einer der aberhundertausendender Einzelstufen.
Nicht, upheaval, wenn jemand sagt NWA 011 und Spießgesellen wie de Deiner Nummer, die Du hast,
dann haben den sofort dreiviertel aller Sammler (kann auch übertreiben, sagen wir die Hälfte), genau dieses Material vor dem geistigen Auge und wissen was gemeint ist. Und erinnern sich, wie dessen Herkunft vom Merkur debattiert wurde und welcher Händler den aufgetan und daß der 100$ im mg..
Wenn jemand Zagami sagt, oder DaG 262, oder Dho 007 oder Pultusk, oder Tieschitz oder Campo - dann weiß jeder Sammler was genau gemeint ist.
Es gibt keine "anonymen" Meteorite.
Ganz einfaches Beispiel - hier die Meteoritenrätsel im Forum. Nach jeweils einem Tag ist es gelöst. Und zwar vollständig, nicht nur was es für eine Meteoritensorte ist, sondern welcher individuelle Meteorit und wie er heißt.
Also geh auf eine Messe, kauf beim Chineser die nächstbeste Stufe, mach ein Rätsel draus, dann werdens erraten, daß es ein Calcit ist, aber daß der aus der und der Gegend jener Provinz aus dem Dörflein Bu Gaking ist, das wird keiner wissen.
Und die haben das nicht alle drauf, weil sie in der Jugend immer ins Tor mußten und in der Freizeit die Kursbücher der Deutschen Bahn auswendig lernen und keine Freunde haben oder sonstwie verschroben sind,
sondern weil es bei den Meteoriten so ist.
Gut bei den NWAs kamen bis jetzt noch sehr viele Nummern immer nach, da dauerts ein bisserl.
Aber nimmt man die Meteoriten mit Namen her, da ist diese Individualisierung noch viel ausgeprägter.
Da weiß erst recht jeder, welcher Stein gemeint ist. Da weiß dann jeder, ja bei dem und dem Scheiblein, das is doch der, wo der Nininger und der Monnig mit der Tin Lizzie zum Friedhof gfahren waren, oder der und der, an dem hat man als erstes Aminosäuren entdeckt, oder über den hat der Jefferson das gesagt oder über den haben die Gebrüder Grimm geschrieben, der hat eine Kuh derschlagen, mit dem ist Haag berühmt geworden usw..
Das sind dann sind dann Kultgegenstände oder Devotionalien in der Hinsicht.
Wovon man etwas in der Sammlung haben will.
Das sind dem Wesen nach Sammlungsgüter wie das Feldbett Napoleons, Elvissens Stirnlocke, Himmelsscheibe von Nebra, Jimmy Deans Porsch..
Das mag für Dich neu sein, Upheaval, und es ist auch nicht ohne weiteres erkennbar, weil eben die Dinger sogar im Ebay gehandelt werden, wo zwar schon mal der Golf vom Papst vorbeikommt, aber die Totenmaske des Agamemnons oder der Blaue Wittelsbacher eben eher seltener
und weil es zu Deiner Überraschung, nachdem Du das gelesen hast, auch nix koscht.
Wieiviel Hundertausende oder Millionen Mineralien- oder Fossiliensammler gibts wohl auf der Welt?
Bei Meteoriten, es ist wahnsinnig schwer abzuschätzen. Also ich mein jetzt, jemand, der mehr als einen einzigen Meteoriten als bloßes Kuriosum hat - nicht, einer der sichne Sandrose auf die Kommode stellt, ist ja nun noch kein Mineraliensammler.
Der harte sichtbare Kern, das sind vielleicht keine 1000 Leut auf der Welt, insgesamt, man weiß es nicht, 2000 oder 5000 sogar? Und dabei noch paar hundert Wissenschaftler und Studenten.
Nicht, wenn Du auf Messen gehst - oder geh nach Tucson, da sind 10.000 Händler, aus allen Ecken springen Dich die Killerstufen, die Saurier an - und in diesem ganzen Babel, da findest dann vielleicht 20 Meteoritenhändler, die dann schon dreiviertel oder zwei Drittel der wichtigsten Akteure auf dem Meteoritenweltmarkt darstellen und grosso modo alle Meteorite, wo gibt produzieren.
Also ein wesentlich exklusiverer Zirkel, als die Topdiamantenhändler oder Antikenhändlermafia.
Warum ist das so, Upheavel?
Weil die Meteorite über das vorstellbare Maß hinaus selten sind.
Es ist Dir wesentlich leichter, einen kompletten Saurier ins Vestibül zu stellen, als einen Acapulcoiten oder einen Eukriten aufzutun.
Denn von was reden wir?
Du bist noch teilweise gepolt auf Campo, Sikhote, Canyon, Gibeon - das sind die Rrrriesenfälle, von jedem dieser wurde ja ein vielfaches gefunden dessen, was man insgesamt in der Antarktis und in den Wüsten gefunden hat.
Das irritiert natürlich auch noch, weil man meint, die anderen Meteorite würden in ähnlichem Maß verfügbar sein.
Aber wennst schaust, es werden im Jahr weeeeeeesentlich weniger Meteorite gefunden, als von der rarsten Trüffelsorte.
Wir reden zum Bsp beim Oman, das ist das drittproduktivste Meteoritengebiet nach Sahara und Antarktis,
von einer Gesamtmenge von 6 Tonnen an Meteoriten, die dort in den 10 Jahren nur gefunden wurde.
Den gesamten Oman, mit seinen 2000 Nummern, den bringst in den kleinen Umzugslaster hinein (und da ist dann noch viel Platz, Steine sind sehr dicht und kompakt), den Du mit Deinem Pkw-Führerschein fahren derfst. Und vom Volumen her das, was ein einziger mittlerer Großhändler lokker auf jede Messe karrt.
Und da ist naturgegeben fast alles alte Chondrite, was wir gelegentlich scherzhaft Gleisschotter nennen.
Bei der Sahara, also zwo Drittel des Afrikanischen Kontinents, da muß man bisserl extrapolieren, aber was da in 20 Jahren und es gibt nicht nur NWA gefunden worden ist, in diesen Weiten, das dürften 2-3 Lastwägen sein, was bringt man auf die größeren Sattelschlepper drauf, die ham so Zuladungen von 30 Tonnen.
Und diese zwei, drei Fuhren - da nimmst den Globus her und verteilst es auf den gesamten Elefantenkopf von Afrika und zwar dorthin, wo eh schon alles voll mit Steinen liegt.
Des findst erst einmal! Und von den Fuhren, da sind 7 Tonnen NWA 869, 1-2 Tonnen dieser El Haggouina und eben wiedrum fast alles Gleisschotter. Nicht? Die häufigste Achondritenklasse, das sind die Eukrite - da hammer keine 3 Zentner aus 20 Jahren Sahara.
Deswegen ist es ja auch so unendlich hirnverbrannt, was da ein paar dieser durchgeknallten Wissenschaftler nun machen, und erfolgreich fordern, daß niemand außer ihnen mehr suchen darf.
Das kommt halt auch davon, daß die wohl auch von der Ausbildung her aus der Mineralogie kommen und eben das Mineralienwesen und Fossilienwesen auf die Meteorite bewußt oder unbewußt übertragen und meinen Meteorite seien so erhältlich wie Mineralien und Fossilien und kein Gespür und kein Wissen um die eigentliche Seltenheit haben.
So ists in Australien geschehen, Meteorite unters selbe Gesetz wie Fossilien und Meteorite,
und danach hams gemerkt, hopserla - jetzt gibts auf einmal überhaupt keine Meteorite mehr bei uns!
Aus diesem Grunde konstituieren sich auch die Meteoritensammler etwas anders als die Strahler und Fossilienfreunde.
Bei Meteoriten ist es eben nicht möglich, daß man hobbymäßig mal am Wochenende in die wohnortnahen Aufschlüsse und Kiesgruben geht und dort klopft und schaut, was man alles findet und sich freut, wenn mal ein besonders schönes Exemplar dabei ist - oder seinen Urlaub so plant, daß man dahin reist, wo es mineralogisch gesehen besonders interessante Ecken gibt und sich dann den Koffer voller Handstücke lädt.
Bei Meteoriten, da kannst bei Dir zur Haustür nausgehen und kannst für den Rest Deines hoffentlich langen Lebens jeden Tag von Sonnenaufgang bis -untergang suchen - Du wirst Gold und Edelstein finden, archäologische Sensationen - aber niemals einen Meteoriten.
Willst einen Meteoriten finden, so mußt in die Antarktis fliegen oder in den Oman oder in der Sahara wochenlang herumfahren, um überhaupt einmal eine handvoll Gleisschotter zusammenzubekommen.
Deswegen haben wir bei den Meteoriten eben nicht die tatkräftigen Sammler in der Breite, wie man sie bei den Mineraliensammlern hat, die jederzeit schnell den Hammer zur Hand ab ins Gelände marschieren.
So ist das mit den Meteoriten
und somit bist Du bereits, upheaval, ohne es freilich zu wissen, mit Deinem Sikhote oder Deinem Campo
der vollkommene Ooooobersnob!
Weil es Dinge sind, die viel schwerer zu erlangen sind, als das, was andere Snobs so zu sammeln pflegen.
Das Meteoritesammeln an sich, das ist eine furchtbare exklusive Angelegenheit - aber das Schöne daran ist ja, daß es fast völlig frei ist von Snobismus und anderem dümmlichen Dünkel.
Es gab vielleicht ein paar, denen dieser plötzliche Umbruch von den klassischen Zeiten zu dem Wüstenglück nicht geheuer war,
und als eine Art Schutzmechanismus die Libyer und dann die NWAs zunächst nicht an sich herangelassen hatten und sie als Meteorite zweiter Klasse abgestempelt hatten - aber das hat sich ganz schnell gelegt, alsse dann gemerkt, was für phantastisches Material da ankam und was für Möglichkeiten sich da für sie eröffneten.
Glaub, von diesen Erzkonservativen, da sind eh nur zwo, drei Krauderer übriggeblieben.
Daher:
Wenn NWA 2976 so häufig wäre, dass es als Gleisschotter Verwendung fände, wer würde sich dann noch dafür interessieren?
...natürlich jeder! Ausser er hätte eine so engen Sammlungsfokus, daß er partout nicht hineinpassen täte.
Daß ein phantastisches Matrial billig ist, hält niemanden davon ab, es seiner Sammlung einzuverleiben!
Im Gegenteil! Da sind alle herzlich froh drum!
Wir haben doch viele solcher Meteorite - so aussem Stehgreif nimm den Dho 007 her, das ist ein aussergewöhnlicher Eukrit, a cumulate one, mit phantastischen Eigenheiten und sehr frisch - also vom Material her eigentlich ein Stöffchen der 50$/g Klasse. Den ham die Finder so uffe Markt geworfen, daß der auf 2-3$ runtergerasselt ist.
Trotzdem bzw. gerade deswegen hat ihn jetzt jeder in der Sammlung.
Die haben schon die Reife, die Sammler, daß sie das Material um seiner selbst willen schätzen.
Gibt bestenfalls Irritationen, hammer letztes Jahr beim Brachiniten gemerkt, daß wenn etwas neues ungewohnt billig angeboten wird, wir hatten den ja im Ggs zu allen andern Brachiniten, die 200-400$/g kosten, frech für 65$ ausgeschrieben, daß da mit dem Material irgendwas faul sein könnt.
Und - aber das ist kein Snobismus - sondern ein einfacher Denkfehler, öfters denken Sammler, daß wenn ein Meteorit billig oder sehr billig ist, daß dann keine Eile geboten sei und man sich Zeit lassen könne und später mal ein Stück sich holen könne.
Was sehr oft so endet, daß halt dann der Meteorit irgendwann mal durch ist und dann eben schon wieder deutlich teurer.
Also Snobismus gibts nicht - jahaaa selbst iiiich hab einen Canyon Diablo daheim rumstehen
und - aaaah wie lange hab ich mich auf dieses sensationelle Outing gefreut, ihihi - und ich habe IMMER einen Campo gehabt!!
Und wäre ja auch Schwachsinn.
Nicht, weißt was vor 100 Jahren vom Preis her der hinterletzte Dreck war?
Das war der Alfianello bei den Steinen und das war der Elbogen bei den Eisen.
Heute zählt Elbogen zu den allerteuersten Eisen, die es gibt, gern in der 400$/g-Liga
und Alfianello ist eben falls teurer als viele seiner damaligen historischen Zeitgenossen.
Und fürn Campo - Campo war damals von allen Eisen mit das edelste, was man hat bekommen können,
weit vor Toluca, Gibeon usw.usf. - für Campo hast damals umgerechnet über 150$ im Gramm anlegen müssen.
...Minerale sammeln vergleichen. Die Zahl der Mineralsammler in Deutschland (und Europa) nimmt ständig ab
@stollentroll
Also die Zahl der Meteoritensammler ist in den letzten 20 Jahren stark gestiegen und steigt weiter.
(Schad daß im Forum bei den Umfragen nie einer mitmacht, sonst könnte man da ein Altersprofil gewinnen)
Merkt man auch an den steigenden Preisen der letzten 3 Jahre auch auf dem Nichtwüstensektor.
Hptsl. weil durch das Internet dieses exotische Hobby überhaupt erst bekannt geworden ist
und natürlich diese neuen Mengen an Material herangeschafft wurden, sodaß es eben auch so viele niederschwellige Angebote gibt. Und natürlich die Öffentlichkeitsarbeit der Sammler und Händler hat ihr übriges getan.
(Nen, Arnold&Notkin haben ja grade eine 30-folgige Meteoritenshow im Farbfernsehen gekriegt, das generiert sicher gleich wieder einen Haufen Neusammler).
Und auf die Fundraten und die Neufallauffindungen hat sich das auch mehr als prächtig durchgeschlagen.
Was halt jetzt das akute Problem ist, daß ein Grüppchen von eifersüchtigen Wissenschaftlern in jedem Land Verbote durchpeitscht.
Dann wirds in der Tat so sein, daß sich die Entwicklung umkehrt, daß es keine Meteorite mehr geben wird, daß die Sammler wegbrechen, weil es sich verteuern wird, daß die Forschung zurückgefahren werden wird (da muß ich Dir in dem andern Thread noch widersprechen, so düster, wie Du es aus Deinem Institut schilderst, ists bei vielen andern, zumindest bei den spezialisierteren und v.a. auch im Ausland, beleibe nicht!)
und daß mittelfristig dann auch Institute geschlossen werden müssen (und was mich dabei ärgert, für die, die das letztendlich angerichtet haben werden, da findet sich immer noch ein Pöstchen zum bequemen durchfretten).
Gute Nacht!
Mettmann