Autor Thema: Schockadern in Meteoriten  (Gelesen 10170 mal)

Offline Dirk

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Schockadern in Meteoriten
« am: September 06, 2008, 22:49:29 Nachmittag »
Hallo Leute,

ich habe hier einen NWAxxx mit sehr schön ausgebildeten und sichtbaren Schockadern. Dieser 610g schwere Wüstenmet kam letzte Woche von unserem Forumsmitglied gallpa-meteorite in meine Sammlung  :super: . Die Maße sind: 90mm x 80mm x 65mm.
Es ist ein gut erhaltener Stein, der von einem Netz von Schockvenen überzogen wird. In dieser ausdrucksstarken Form habe ich so etwas noch nicht gesehen. Ich bin ganz froh, ihn jetzt in meiner Sammlung zu haben. Einige Schmelzvenen scheinen durch den ganzen Stein hindurch zu gehen.

Offline Dirk

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #1 am: September 06, 2008, 23:06:37 Nachmittag »
Der Carancas-Fall letztes Jahr am 15.09.2008 (nächste Woche 1.Gebutstag  :einaugeblinzel: ) wird wohl auch aus so einem geschocktem Material bestanden haben. Viele Fragmente vom Carancas haben schwarze Flächen  aufgewiesen, die auf den ersten Blick als Reste von Schmelzkruste gedeutet wurden. Man hat aber schnell festgestellt, das diese dunklen und oft planen Flächen Schockvenen darstellen, die wohl das ganze Material durchzogen haben. Beim Aufprall hat sich der Meteorit dann entlang dieser Schockadern zerlegt, so das diese jetzt freiliegend sichtbar sind. Vielleicht kann man sagen, das die Schockadern so eine Art "Sollbruchstelle" dargestellt haben.


Offline Dirk

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #2 am: September 06, 2008, 23:16:22 Nachmittag »
Zersägen werde ich ihn auf keinen Fall  :ehefrau: , dafür gefällt er mir in der Größe einfach zu gut. Er wird wahrscheinlich im Innern aussehen, wie alle Impact-Melt-Breccien (IMB). Anbei davon noch zwei Bilder: einmal die IMB vom gut bekannten frischen Chergach und einmal ein kleines Endstück vom NWA 2478, eine L6 IMB.

Hat jemand noch Anmerkungen, Ergänzungen oder eigene schöne Stücke zum Thema Schockadern und IMBs, dann mal los ...

 :prostbier:
Dirk

astro112233

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #3 am: September 06, 2008, 23:48:01 Nachmittag »
Hallo Dirk,

wieder sehr schöne Stücke. Stelle allerdings gleich mal eine grundsätzliche Fage in die Runde der Wissenden.

Wie entstehen diese Schockadern eigentlich genau?  :gruebel:

Gruß Konrad  :prostbier:

Offline MetGold

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #4 am: September 07, 2008, 00:01:59 Vormittag »
Hallo,

ich habe wohl nur ein einziges Stück in dieser Richtung.

 :winken:   MetGold   :alter:
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Offline JaH073

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #5 am: September 07, 2008, 00:40:17 Vormittag »
Ja Peter,

nur ein Stück - aber was für eins   :super:   :super:   :super:   :super:   :super:

Gruß

Hanno
Je mehr Ecken und Kanten ein Diamant hat, umso mehr funkelt und strahlt der Stein.

Offline Dirk

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #6 am: September 07, 2008, 10:41:02 Vormittag »
Wie entstehen diese Schockadern eigentlich genau?

Guten Morgen Konrad  :winke: ,

sag mal, hast Du diese Frage nicht vor einigen Monaten schon mal gestellt? Ich kann mich noch ganz gut erinnern, damals hat Andi Gren gerade für Svend die Chergach-IMB geschnitten und einige Scheibchen hier im Forum zum Verkauf angeboten - siehe Foto oben  :laughing: - da gabs auch schon Erklärungsversuche, kann mich auch an PMs zum Thema erinnern  :laughing:. Was glaubst Du denn selber, wie die Schockadern entstehen können  :baetsch: ?

Aber zum Nachlesen kannst Du auch mal in den neuen Norton schauen: Seiten 48 bis 52  :fluester: .
Und dann erklärst Du es uns mal hier  :laughing: .

@ Peter:
 :wow: über 4kg schwer. Sieht noch schön frisch aus und man kann deutlich Schockadern sehen. Klasse Teil!!!!

 :winke:
Dirk

astro112233

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #7 am: September 07, 2008, 11:54:25 Vormittag »
Hallo Dirk,

da besitzt du ein wirklich faszinierendes und beeindruckendes Exponat. Natürlich erinnere mich an meine damalige Frage und die kompetenten Antworten. Allerdings brachte ich die Schockadern nicht in kausalen Zusammenhang mit IMB.

Wenn ich nun scharfsinnig kombiniere, stellen die Schockadern wohl die äußere sichtbare Stigmatisation einer katastrophalen Kollision dar?

Richtig?

Bekomme ich jetzt eine 1 im Zeugnis?  :wow:


Peter,

auch wieder ein super Teil. Bemerkte anfangs nicht, dass es sich bei deinen Maßangaben um cm und kg handelt. In unseren Metier ist üblicherweise eher mm und g angesagt. Jedenfalls in meiner bescheidenen Sammlung.

Das ist ein richtig schöner Brummer.  :super: 

Schönen Sonntag wünscht Konrad.  :winke: :prostbier:

Offline Dirk

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #8 am: September 07, 2008, 15:09:14 Nachmittag »
Bekomme ich jetzt eine 1 im Zeugnis?  :wow:

Hallo Konrad,

was? jetzt schon eine 1 im Zeugnis? Das Schuljahr hat doch erst angefangen und das eben war nur ein kleines Testat ..... :lacher:  :lacher:

Nein, Spass beiseite. Ich bin ja nun wirklich kein Schulmeister  :weissefahne: - ich hatte vorhin nur keine Lust, alles nochmal aufzuschreiben, was ich glaubte, Dir damals eh schon geschrieben zu haben ....

Aber wenn ich den Norton im neuen Buch richtig verstanden habe, dann zeigen wohl fast alle chondritischen Meteorite irgendwelche Spuren von Schock-Ereignissen, die natürlich immer mit Kollisionen im Weltraum in Zusammenhang stehen - also dicker Brocken schlägt auf Oberfläche des chondritischen Mutterkörpers. Und wenn ich mir meine Sammlung so anschaue, auf jeder 2-3 Scheibe kann man tatsächlich kleine Schockvenen entdecken. Da war also mal aufgeschmolzenes Material, das in das Umgebungsgestein gepresst wurde oder ist vielleicht sogar an der sichtbaren Stelle selbst geschmolzen - jetzt sichtbar in den dünnen Adern.
Aber nicht jeder Met mit Schockvenen ist eine IMB(Impact-Melt-Breccie). Da müssen wohl höhere Drücke und Energien auftreten, die größere Gebiete teilweise oder ganz aufschmelzen lassen. Norton schreibt, der Druck bei einem Impakt muss 90GPa überschreiten, damit eine IMB entsteht - das entspricht 13000000 lb/in² - habs mal versucht in kg/cm² umzurechnen: 11.373.555kg/cm² (ohne Gewähr  :dizzy: ). Man kann also sagen, das mit zunehmender Impaktenergie (Einschlag auf Mutterkörper - nicht auf Erde!!!) auch mehr Material aufschmilzt, das also die Übergänge von dünnen Schockadern zur ausgewachsenen IMB fliessend sind. Ich hoffe das ist alles so richtig von mir durchdacht - Verbesserungen oder andere Sichtweisen würde ich gut finden  :smile:

Mir fällt gerade ein, das ich eine Scheibe vom Tsarev-Meteoriten habe, die sehr schwer geschockt ist. Man sieht fast keine Struktur, fast alles aufgeschmolzen - nur an einer Stelle sind noch ein paar Chondrenreste erkennbar. Müsste doch eigentlich laut Definition auch eine IMB sein, oder?




Offline pallasit

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #9 am: September 07, 2008, 16:10:30 Nachmittag »
Hallo Dirk,

Viele Fragmente vom Carancas haben schwarze Flächen  aufgewiesen, die auf den ersten Blick als Reste von Schmelzkruste gedeutet wurden. Man hat aber schnell festgestellt, das diese dunklen und oft planen Flächen Schockvenen darstellen, die wohl das ganze Material durchzogen haben. Beim Aufprall hat sich der Meteorit dann entlang dieser Schockadern zerlegt, so das diese jetzt freiliegend sichtbar sind. Vielleicht kann man sagen, das die Schockadern so eine Art "Sollbruchstelle" dargestellt haben.

Bei der Bildung von Schockadern ist viel aufgeschmolzenes Material vorhanden. Diese Schmelze schließt den Bruch wieder. Ein solches Gestein bricht nicht mehr entlang dieser "Schmelzadern",  sondern meist daneben.
Auf deinem Carancas ist glaube ich keine Schockader ( „shockvein“) abgebildet. Diese dunklen Flächen werden als „Harnisch“ (engl. "slickenside") bezeichnet. Harnischbildung kennt man aus der Geologie. Harnischbildung ist ein Hinweis auf  eine Bewegung entlang einer Bruchfläche. Die Bruchfläche wird dabei nicht wieder durch aufgeschmolzenes Material  geschlossen. Deshalb zerbricht ein Gestein entlang der „Harnischflächen“ sehr leicht.

Grüsse Willi  :prostbier:


Offline Dirk

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #10 am: September 07, 2008, 17:09:31 Nachmittag »
Hallo Willi,

vielen Dank ersteinmal für Deinen Einwand und die kompetente Erklärung  :super: . Ich selber habe nur wenig geologisches Wissen und ich habe bestimmt nicht zwischen shockveins und slickenside unterschieden. Wobei ich mir aber vorstellen kann, das durch eine schnelle "Bewegung entlang einer Bruchfläche" auch große Temperaturen entstehen und damit die beiden Flächen stark erhitzt werden und es u.U. auch zu einem Anschmelzen des Gesteins kommen kann, oder? Diese "Harnischflächen" sind ja nicht umsonst so dunkel.

Wenn man das auf den Meteoriten überträgt - der soll übrigens auch eine Brekzie gewesen sein, man fand zumindest in einem Fragment zwei verschiedene Lithologien - wann mag es da zur "Harnischbildung" gekommen sein? Schon im All auf der Oberfläche des Mutterkörpers oder erst beim Zerfetzen des Meteoriten beim Aufprall auf der Erde?

Ist die "Harnischbildung" bei Carancas eigentlich einzigartig oder gibt es bei anderen Meteoriten ein ähnliches Phänomen?

Ich weiss es wirklich nicht, bin aber ernsthaft an einem Verstehen interessiert. Willi, weisst Du dazu noch mehr? Oder andere Forumsmitglieder - vielleicht Svend?

 :prostbier:
Dirk

Offline pallasit

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #11 am: September 07, 2008, 17:30:41 Nachmittag »
Hallo Dirk,

Auf der meteorite-list findest du weitere Infos.
http://six.pairlist.net/pipermail/meteorite-list/2007-October/thread.html#38632

Die Diskussion begann gleich nachdem die ersten Carancas Bilder veröffentlicht wurden. Leider hatte ich nicht die Zeit das Thema zu verfolgen. Carancas wurde ja bereits gut untersucht, über diese "Krusten" müsste inzwischen einiges Bekannt sein.

Grüsse Willi




Offline Dirk

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #12 am: September 07, 2008, 18:12:11 Nachmittag »
Ja, ich kann mich auch an die Diskussion erinnern - habe sie leider auch nicht intensiv mitverfolgt. Gerade habe ich von "Elton" einen alten Beitrag auf der Liste entdeckt, der ganz gut über die Unterschiede zwischen "slickensides" und "shockveins" informiert:

http://www.mail-archive.com/meteorite-list@meteoritecentral.com/msg59985.html

Aber trotzdem, wenn jemand noch etwas von seinem eigenen Wissen präsentieren kann, würde ich das gut finden. Wenn jemand hier auf deutsch gut verständlich in eigen Worten etwas erklären kann, dann finde ich das grundsätzlich interessanter und für mich auch leichter zu verstehen als längere Texte in Englisch. Wenn man dann nochmal nachfragen kann, wie das eine oder andere gemeint ist, also ein Dialog entsteht, dann bleibt einfach mehr haften.

Kann ich mir das jetzt so vorstellen/bzw. folgende Fragen geistern mir noch durch den Schädel ...
- die slickensides gab es schon vor dem Fallereignis, sind also schon zu einem früheren Zeitpunkt entstanden
- gibt es überhaupt shockveins im Carancas oder ist das alles slickenside?
- ich kann mir vorstellen, das die slickensides auch mit der Brekzierung in Zusammenhang stehn bzw. das durch die Brekzierung Harnischbildung gefördert wird, weil die Bruchstücke (aus der ja eine Brekzie besteht) aneinanderreiben, oder so ähnlich. Naja, vielleicht eine sehr vereinfachte Vorstellung  :laughing: .
- gibt es denn noch andere Meteoriten mit Harnischbildung?

 :user:
Dirk

Offline Dirk

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #13 am: September 07, 2008, 23:21:45 Nachmittag »
Habe doch noch einen interessanten Text gefunden, zwar schon 42 Jahre alt, aber mit sehr aufschlussreichen Aussagen:

http://articles.adsabs.harvard.edu/cgi-bin/nph-iarticle_query?db_key=AST&bibcode=1966Metic...3...31D&letter=.&classic=YES&defaultprint=YES&whole_paper=YES&page=31&epage=31&send=Send+PDF&filetype=.pdf

In dem Text wird gesagt, das die "slickensides" (Harnischflächen), die wir in irdischen Gesteinen finden, eigentlich nicht in Meteoriten zu finden sind. Es gibt zwar diese gestreiften Bruchflächen, wie sie z.B. an meinem Carancas zu sehen sind, diese sind aber keine slickensides im eigentlichen Sinne. Die Entstehung dieser gestreiften Bruchflächen in Meteoriten scheinen laut Autor am ehesten mit der Entstehung von shatter-cones vergleichbar zu sein, wie wir sie aus verchiedenen Kratern her kennen. Der Autor (Robert S. Dietz) schlägt vor, die gestreiften Flächen in Meteoriten vielmehr als "shock-induced fractures" zu interpretieren.
Und der Autor hat diese "shock-induced fractures" noch gefunden in den indischen Meteoriten MERUA und KHOHAR, im amerikanischen HARRISONVILLE, in den russsischen Meteoriten ZOVNEVY KHUTOZ und VAVILOVKA sowie auch im PULTUSK (und noch andere). Carancas ist also mit diesen auffällig gestreiften Flächen nicht alleine .... :laughing:

 :winke:
Dirk

Offline Andreas Gren

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Re: Schockadern in Meteoriten
« Antwort #14 am: September 08, 2008, 00:17:01 Vormittag »
Okeh,
alle reden von schock und machen dann weiter als obse damit schock erklärt hätten.
Also was ist n Schock?
Alte mit neuem Macker, ist klar......
Aber gelogisch ists was Anderes als der psycho Schock, glaub ich, dass müssen Philosophen klären....oder wie heißen die mit den gemütlichen Jacken?
N Schock hast dann wenn Energie sich schneller fort bewegt als das umgebendende  Mediumm auf die Energiezufuhr reagiren kann.
Das ists schon, nix weiter, kein Maggi.
Was macht das umgebende Medium? wir reden ja wohl von Mets die dieses Dilemma erleben,
also normaler weise würd allles schmelzen oder explodieren, geht aber nicht weil noch Materie neben an klebt, die das nicht mag und dem Ganzen Struktur verleit . Also Schock geht DURCH das Material und läßt Energie sich dort austoben . Schnelle Fette Energie muss sich abreagieren, macht also kurz das Gestein energetisch ... also heiß, flüssig , wenns schlimmer kommt sogar gasförmig, nach nem bruchteil von Sekunden ist das Thema durch. Was würdest Du tun wenn Du innerhalb von 0,025 sekunden die Energie von drei Faust schlägen absorbieren müsstest? Du tätst schockiert seien.

Hmmm haben das jetzt Alle vestanden?  war wieder zu bildlich, wa !!!!??!!

Hain





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