Es ist eines der gelehrten Vorurteile, die endlich ausgerottet werden müssen, daß es schwierig sei, eine Wissenschaft zu reformieren. Man braucht dazu weiter nichts als einige Prinzipien und eine Methode.
Heino Mirax hatte beides.
Als Prinzipien nahm er irgendwelche beliebigen Sätze aus dem täglichen Leben, aus dem Sprichwörter- oder Märchenschatze der Völker oder aus einer der umzukehrenden Wissenschaften, vorausgesetzt nur, daß sie niemand bezweifeln konnte. So zum Beispiel: »Man muß das Eisen schmieden, solange es heiß ist«, oder: »Ein Tischleindeckdich wäre eine schöne Sache«, oder auch den ziemlich feststehenden Satz: »Die lebenden Wesen sind in einem allmählichen Vervollkommnungsprozeß begriffen.«
Seine Methode bestand darin, daß er diese Sätze auf ein beliebiges fremdes Gebiet anwandte, nur mit der Vorsicht, daß man auf keine Art nachweisen konnte, ob sie dort auch anwendbar wären. Darin lag eben das Neue, wodurch er die schwierigsten Rätsel des Daseins mit Leichtigkeit löste.
So bewies er zum Beispiel, daß es auf der Sonne Bewohner gäbe, welche sich von Meteorsteinen nährten. Denn da man das Eisen schmieden muß, solange es heiß ist, da aber die Spektralanalyse nachweist, daß es auf der Sonne glühende Eisendämpfe gibt, so muß es auch Wesen auf der Sonne geben, die das Eisen schmieden; und da ein »Tischleindeckdich« eine hübsche Sache ist, so steht zu vermuten, daß jene Wesen auch gern vom Himmel gefallene Speisen haben möchten. Nun fallen aber die Meteorsteine vom Himmel und bestehen aus Eisen – folglich sind sie die Lieblingsspeise der Sonnenbewohner. Da endlich wir Menschen noch nicht Eisen verdauen können, die lebenden Wesen jedoch in einer Fortentwicklung begriffen sind und endlich die Sonne älter ist als die Erde, so folgt daraus: 1. Die Sonnenbewohner sind höherorganisierte Wesen als die Menschen; 2. die Menschen werden später dazu kommen, Eisen zu verdauen; 3. in einer – allerdings noch weit entfernten – Zukunft wird man zum Nachtisch den Gästen Granaten in den Mund schießen. Es muß freilich hinzugefügt werden, daß die letzte Folgerung nicht von allen Anhängern des Heino Mirax zugegeben wurde und daß sie auch in der Tat nicht ganz unbedenklich ist; die Neu-Miraxianer, die sie leugnen, haben möglicherweise recht. Aber auf Grund der beiden ersten Sätze hatte sich Mirax eine zuverlässige Schule geschaffen, welche alle umfaßte, die das Bedürfnis hatten, etwas bisher gänzlich Unbekanntes durch eine unbefangenere Logik zu erfahren. Sie erklärten Heino Mirax für einen der tiefsinnigsten und zugleich klarsten Denker aller Zeiten.
Er sich auch.