Autor Thema: Bernstein aus der Lausitz  (Gelesen 10408 mal)

Offline Met1998

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Bernstein aus der Lausitz
« am: August 19, 2016, 14:37:00 Nachmittag »
Bernstein aus der Lausitz (Succinit):
Weil wir gerade bei Gold sind.
Bei EM-Grillwürsten und „einem“ Bierchen kamen wir drei alten Bergmänner kürzlich auf meine kleine Geschiebesammlung zu sprechen. Ein Tagebaufachmann betonte, dass unsere Lausitzer Regionalgeologen den Bernstein mit zu den Gesteinen zählen, er also mit in meine Vitrine gehört. Was ich dann zu sehen bekam, möchte ich dem Forum nicht vorenthalten. Hier ein wenig Text, und die Fotos.

Braunkohlensümpfe:
Unsere Regionalgeologen stufen den Lausitzer Bernstein in die Zeit des Quartär ein. Die damaligen Braunkohlensümpfe hatten angeblich Ähnlichkeit mit unseren heutigem Spreewald.
Im Bild ein ca. 40 Mill. Jahre alter 70 cm langer Nadelbaum-/Zedernstamm aus den skandinavischen Bernsteinwäldern des Eozän, mit nicht ganz durchlaufener Inkohlung.
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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #1 am: August 19, 2016, 14:41:28 Nachmittag »
Fundorte und -tiefen:
Der Bernstein (Succinit) wurde vor ca. 25 Mill. Jahren in den nordischen Gewässern konserviert, mit den pleistozänen Eiszeiten bis in den Lausitz Raum und weiter bis Bitterfeld-Delitsch umgelagert.
Man findet ihn in den quartären Tagebau-Massen aus 8 m bis 60 m Tiefe.
In den sandigen Zwischenschichten der 4 Lausitzer Kohleflöze (ca. 20 m Altbergbau, bis 80 m heute) befinden sich 1 bis 2 m lange Bernsteinnester.
Solch kleine Nester sind nicht von wirtschaftlichem Interesse, deshalb wird der Tagebaubetrieb (Großgeräte) nicht angehalten. Somit landet der größte Teil in den Sanden auf der Haldenseite (Kippen), deren Betreten verboten ist - Rutschungsgefahr!

Varianten:
Klargelb und Flom
Unser „Land- oder Erdbernstein“ wurde in den nordischen Geröllen, mit dem vor ca. 1,8 Mill. Jahren pleistozänem Inlandeis transportiert, und hier nachgewiesen. Er stammt somit zu  ca. 95% eindeutig aus dem Norden! Die raue, rissige Oberfläche sieht etwas anders aus als der Ostsee-Bernstein, der durch Wellen und Sand bearbeitet wurde. Alle Varianten (Klargelb, Flom, Bastard, Knochen und Brack) wurden hier gefunden.
 
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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #2 am: August 19, 2016, 14:43:54 Nachmittag »
Mittelgroße Stücke:
Die Verwitterungskruste kann man mit Schleifpulver und Poliermittel entfernen und schöne Schmuckstücke für den Frauenhals herstellen. Aber besser man lässt sie wie sie sind, als Erinnerungsstücke an den Lausitzer Braunkohlebergbau!!! Deshalb sind sie für den Finder unverkäuflich!
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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #3 am: August 19, 2016, 14:45:49 Nachmittag »
Große Stücke:
Bei Verdichtungssprengungen kommt zufällig auch mal ein schönes, großes Stück an die Oberfläche. Ein Prachtexemplar von 11 cm Länge und 215 gr Gewicht ist hier zu sehen. Am nächsten Bohrloch sieht die Sache schon wieder anders aus. In den Tagebauen wurden auch schon Brocken von ca. 1 bis 3 kg gefunden.
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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #4 am: August 19, 2016, 14:47:55 Nachmittag »
Bastard, Knochen und Brack:
An diesen Stücken läuft man gern vorbei, bzw. erkennt sie nicht als Bernstein!
Brack ist aber für die Wissenschaft angeblich von größerem Wert als Schieren, oder Steine mit Insekten-Einschlüssen. Beim Suchen braucht man Glück, Ausdauer oder eine Spürnase.
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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #5 am: August 19, 2016, 14:53:20 Nachmittag »
Preise:
Die Preise  von Bernstein können mit denen der Meteoriten locker mithalten!
Auf der AMBERMART in Gdansk (Internationale Bernsteinmesse) haben die Chinesen, die Preise für weißen und grünen Bernstein, 2015 um bis zu 600 Prozent in die Höhe getrieben. Für ganz gewöhnlichen Bernstein zahlen die Aufkäufer in Deutschland mittlerweile 18 Euro das Gramm.

Eisenhydroxid:
Durch die Flutung der 36 Lausitzer Tagebauseen, sind in den letzten Jahren Bernsteinfunde selten geworden. Da es hier aber viele spontane Rutschungen (Setzungsfließen) ohne Vorankündigung gab/gibt, wurden riesige Flächen (ca. 33.500 ha) für die Forst und Landwirtschaft sowie den Tourismus gesperrt. Da die Flutung voraussichtlich erst 2020 beendet wird, kann man hier bestimmt noch so manch „rutschiges“ Ereignis erleben. Somit sind weitere Funde nicht ausgeschlossen.
Besonders am Fuße der Abraumrippen unter Wasser wird, bei starkem Sturm und Wellengang, Bernstein ausgespült und verschwindet in den ca. 20 bis 30 m tiefen Tagebau-Restlöchern.
Schade, dass nur Massen von Eisenhydroxid und kein Salzwasser aus den Deckgebirgen in das Lausitzer Seenland eingespült wird. Dann würde Bernstein aufschwimmen und man könnte in der stürmischen, kalten Jahreszeit (höhere Dichte) an den Ufern danach suchen, oder ihn abfischen - wie an Polens Küste.
Seit 2008 sind deshalb die Seegründe leider mit einer braunen Kruste überzogen, da sieht jetzt jeder Kiesel wie ein „Bernstein“ aus.  :einaugeblinzel:

Gruß Ehrfried
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Offline MK

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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #6 am: August 19, 2016, 23:40:01 Nachmittag »
Vielen Dank für diesen interessanten Bericht!
Bernstein ist auch für mich schon lange ein Thema - aber so einen weiß-hellgrünen wie auf Foto 7 habe ich bislang noch nicht gesehen. Bernstein ist doch immer wieder für Überraschungen gut.  :winke:
Viele Grüße
Markus

Offline lithoraptor

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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #7 am: August 23, 2016, 09:31:54 Vormittag »
Moin Ehrfried!

Wenn ich darf eine kleine Korrektur und Ergänzung:
Für ganz gewöhnlichen Bernstein zahlen die Aufkäufer in Deutschland mittlerweile 18 Euro das Gramm.

Das ist so sachlich falsch. Der Bernsteinpreis ist stark abhängig von Farbe, Größe und Intaktheit der Stücke sowie dem Bearbeitungszustand.
Aktuell sind (besonders für den chinesischen und arabischen Markt) Bernsteine gesucht, die eine gelbe Farbe (butter- bis eigelbfarbig -> auch als "butterscotch" bezeichnet) haben. Klare Cognac-farbene Bernsteine (wie sie durch Jahrzehnte für Schmuck gesucht waren) sind aktuell weniger gefragt.

Je größer ein intakter Bernstein ist, desto höher ist sein Grammpreis. Bernsteine jenseits von 100 g sind sehr viel seltener als kleinere. Kleinzeugs unter 3 Gramm/Stück interessiert Ankäufer so gut wie nicht. Große Stücke mit mehreren hundert Gramm sind nicht nur für kunstvolle Schnitzereien geeignet, sondern lassen sich auch sonst sehr gut weiterverareiten - etwa zu Kugeln/Perlen drechseln. Natürlich ist eine gute Weiterverarbeitung nur möglich, wenn die Stücke intakt also ohne innerliche Risse sind. Aus diesem Grunde prüfen kundige Ankäufer die Steine auch mit einer speziellen Lampe und berechnen dann den Grammpreis.

Die höchsten Grammpreise erzielen Bernsteine, die einen hohen Bearbeitungsgrad aufweisen, also schöne Schnitzereien, gedrechselte Kugeln oder Ketten mit Kugeln und Oliven (auch alte klare Cognac-farbene Oliven mit Königsberger-Schliff erzielen hier hohe Preise). In der Regel werden alte Ketten zerschnitten und die Kugel- oder Olivenperlen dann nach Größe und Farbe neu sortiert - etwa für Gebetsketten. Es ist dabei auch nicht entscheidend, ob es sich um Natur- oder Pressbernstein handelt. Pressbernstein ist sogar aufgrund seiner höheren Dichte und Härte für viele Zwecke (auch für Schmuck) weit besser geeignet als Naturbernstein.

So mancher Ankäufer zahlt für besonders alte Königsberger-Bernsteinketten mit wunderschön geschnitzten Perlen auch echte Liebhaberpreise und die liegen dann sogar jenseits der € 18,-/Gramm.

Was man bedenken sollte ist, dass das aktuell ein Trend ist. Auch wenn der asiatische und der arabische Markt riesig sind kann es schon bald wieder vorbei sein. Wer also entsprechendes Material zu hohen Preisen veräußern möchte, der möge es lieber jetzt als in 10 Jahren tun.

=> Natürlich lohnt es durchaus Angbeote von diversen Ankäufern miteinander zu vergleichen. :fluester:

Gruß

Ingo


Offline Met1998

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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #8 am: September 02, 2016, 10:48:45 Vormittag »
Moin Ingo,
danke für die Ergänzung, :super:
mein Text zu den Bernsteinpreisen war tatsächlich etwas kurz geraten.
Die Preise im August 2016 auf der AMBERMART in Gdansk für butter- bis eigelbfarbige Stücke waren wieder ähnlich hoch wie 2015!
Auch auf unserer letzten Mineralienbörse, im August in Knappenrode, hatte ich wieder einen faustgroßen Bernstein aus dem Tagebau in der Hand. 250 € wollte der Verkäufer haben. Vor lauter Gequatsche zu den Preisen, habe ich leider vergessen auf den Auslöser zu drücken. Es war ein schönes Stück. Ich sammle aber schöne Geschiebe und kaufe keine Bernsteine. Gucke natürlich auf jeder Großbaustelle der Gegend, die tiefer als 8 m ist (und den Seestränden), ob da nicht etwas verkaufswürdiges mit nach oben kommt. Davon wird man nicht ärmer.

Gruß
Ehrfried :hut:
« Letzte Änderung: September 02, 2016, 12:47:02 Nachmittag von MetGold »
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Offline JFJ

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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #9 am: September 02, 2016, 19:41:04 Nachmittag »
Schöner Bericht - habe ich gerne gelesen  :hut:

Gruß
Jörg
Ich mag Geschiebe, weil sie die entgegenkommendsten Gesteine sind.

Offline pewebe

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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #10 am: Februar 26, 2017, 01:13:47 Vormittag »
Sehr interessant! Es lohnt sich hier immer, auch mal in ältere Threads zu schauen.

Offline Schönedingesammler

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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #11 am: Februar 26, 2017, 08:04:42 Vormittag »
Genau. Lese ich auch gerade zum ersten Mal. Da tropft einem der Zahn. 😊

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Dsds

Offline Met1998

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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #12 am: Februar 26, 2017, 09:34:10 Vormittag »
Moin @pewebe und @Schönedingesammler, :hut:
für die langsam Leser, für die denen der Zahn tropft, und für die es sich lohnt hier immer, auch mal in ältere Threads zu schauen.
Nur kurz zur Info:
Am 04.02.2017 war ich in Forst, bei einem weiteren ehem. Mitarbeiter der Bohrer-Kolonne. Auch der bestätigte mir,
dass die großen Stücke (Antwort #4) unter dem Braunkohleflöz liegen,
also in ca. 80 m Tiefe!

Viel Spaß beim buddeln! :lacher:

Deshalb wäre der ausgekohlte, nur 40 m tiefe Tgb. Cottbus Nord, (demnächst Flutung zum "Ostsee")
jetzt der richtige Ort zur Suche.  Betreten wegen der Sanierugsarbeiten - leider verboten!

Gruß Ehrfried

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Offline Victoria2

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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #13 am: Februar 26, 2017, 12:16:00 Nachmittag »
Zitat
Viel Spaß beim buddeln!

Hallo Met1998, mitunter reicht es, aufmerksam über die Felder zu laufen. Beispielsweise am Flugplatz bei Kleinkoschen oder auch anderswo, wo Tagebaurestlöcher verfüllt wurden. Da können immer Überraschungen in Sachen Bernstein warten. Ich sammle keine Bernsteine, heißt, ich ziehe Felder mit gewachsenen südlichen Geröllbestand vor, aber aufgefüllte Flächen vom Meuroer Tagebau z.b. weisen an der Oberfläche ein buntes Durcheinander von südlichen und nördlichen Ablagerungen auf. Darunter auch Bernsteine.
Gruß aus Brieske

Offline Met1998

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Re: Bernstein aus der Lausitz
« Antwort #14 am: Februar 26, 2017, 14:58:52 Nachmittag »
Hallo Victoria2,
danke fürs zeigen! :super:
In Antwort #6 schrieb ich ja, dass weitere Funde nicht ausgeschlossen sind.
In unseren Abraumsanden ist alles möglich, aber eben seltener als früher!

Als es in Brieske (deinem Wohnort) und Peickwitz noch unbewaldete Hochkippen gab,
hatte ich am Kippenfuß diese bulgarische Kiste, (24x14x6 cm) voll mit "hellbraunem Gold" gesammelt,
und später verkauft. Den kleinen „Dreck“ hatte ich gar nicht mitgenommen.

Also immer schön die Augen offen halten, Geld kann man immer gebrauchen. :fluester:

Gruß nach Brieske
Ehrfried

« Letzte Änderung: Februar 26, 2017, 15:14:11 Nachmittag von Met1998 »
Der Mensch hat die Fähigkeit zur Vorahnung und er reift mit Geduld, wie Whisky, Käse und Wein!

 

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