Salü,
ich hab gerade Grimaldis Mondkarte in der Hand
(besorgt für eine Sammlung, die ich curatir), die als Paar mit Ricciolis Nomenklatur versehen,
1651 in Ricciolis „Neuem Almagest“ erschienen ist.
Kleines Hörstück dazu:
https://www.deutschlandfunk.de/die-jesuiten-mit-meeren-und-kratern-auf-dem-mond-100.html#:~:text=Riccioli%20und%20sein%20Kollege%20Francesco,sie%20vor%20allem%20nach%20Wetterph%C3%A4nomenen.
Grimaldi steht immer ein bisschen im Schatten von Riccioli, da dessen Benennungssystem sich historisch durchgesetzt hat.
Die eigentliche Arbeit steckt aber in der Erstellung der physischen Mondkarte; Riccioli hat nur die Namen der Mondformationen und Krater darübergelegt.
Allzu neu war dessen Idee nicht, was die Kraterbenennung angeht, da hat er sich viel von Langrens Mondkarte 1645 abgeschaut.
Neu ist, daß er sich bei der Namenswahl fast ausschließlich auf Astronomen, Mathematiker, Naturhistoriker, Philosophen beschränkt und die Maria auf den beiden Mondhälften gemäß der damaligen astrologischen Meteorologie benennt.
Francesco Maria Grimaldi (1618-1663) war Assistent und Schüler von Giovanni Riccioli (1598-1671); beide waren Jesuiten und Astronomen in Bologna.
In der Überschrift schreibt Grimaldi, daß die Karte mit dem besten Teleskop aus vielen Mondphasen erstellt wurde und die Mondkarten von Hevelius (1647), Langren (1645), Eustachio Divini (1649) und Sersale (1650) teilweise bestätigt, teilweise korrigiert und erweitert um die winzigsten Details, wie sie bei den unterschiedlichen Mondphasen sichtbar sind.
Zuunterst noch die Stelle, in der die Karte in den Novus Almagest eingebunden werden soll
und noch einmal der Hinweis, daß es sich nicht um die Abbildung des Vollmonds handelt,
sondern das die Karte aus vielen Mondphasen erstellt wurde.
Die Auffassung im Hörbeitrag, daß Riccioli insgeheim ein Anhänger des heliozentrischen Weltbild gewesen sei und dies verheimlichen mußte, geht, glaub ich, etwas zu weit.
Er hat zeitlebens versucht das geozentrische Weltbild zu beweisen, und scheint dem Hybridsystem Tycho Brahes zugeneigt gewesen zu sein (Merkur und Venus kreisen um die Sonne, diese um die Erde).
Allerdings würdigte er durchaus die Leistungen Kopernikus‘ und Keplers und sah v.a. keine Ketzerei darin.
Wenn man seine Karte mit der Langrens vergleicht, bekommen Kepler, Kopernikus und Galilei viel prominentere Krater und – sehr bemerkenswert – Riccioli hat alle kirchlichen Namen Langrens getilgt. – Nun die Jesuiten waren schon immer ein besonderes Völkchen unter den Katholen…
Darüber hinaus hatten die beiden als Jesuiten auch keine Notwendigkeit Ergebenheitsadressen an weltliche Herrscher und Sponsoren auf dem Mond zu verteilen.
Das werden wohl auch die Gründe gewesen sein, warum sich alle auf Ricciolis Nomenklatursystem einigen konnten, wenngleich es noch einige Zeit dauern sollte, bis es allgemein gültig wurde.
Grimaldis Karte kam, wie auch keine andere, freilich nicht gegen Hevelius‘ bombastische „Selenographia“ an. Hervorzuheben ist aus seinem Schaffen ein Werk über das Licht, worin er Experimente am Optischen Spalt beschreibt und als erster überhaupt vom Licht als Welle spricht. Insofern ist er ev. ein kleiner unter den Riesen, von denen Newton später sagte, daß er auf deren Schultern stünde.