Autor Thema: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop  (Gelesen 6378 mal)

Offline paragraf

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Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« am: März 23, 2007, 01:53:41 Vormittag »
Hallo,

hier mal eine alte Pfeilspize unter dem Stereomikroskop. Fundort: Sahara, Alter: 5000 bis 7000 Jahre, Wert bei Ebay mit "Lieb-Einkaufen-Funktion": 1,- EUR  :lacher:

Wobei sich mir folgende Fragen stellen:

"Globalisierte Kinderarbeiter" werden wohl kaum in der Lage sein, so etwas heute herzustellen (sprich: Zu Fälschen), oder?

"Globalisierte Erwachsene" vielleicht? Wohl doch nicht, oder?

Carl Zeiss SM-XX, Fuji 40i durch das Okular aus der Hüfte:


Also ist das Teil alt wie Sau...

Interessant auch diese Sägezahntechnik zur Optimierung...

Dann frage ich mich aber, in welcher Situation hat der - ja - Urheber dieses Teil angefertigt? Saß er bei Sonnenuntergang in der Sahara beim Schein eines Lagerfeuers in einer Schonung und dachte er sich beim Anfertigen dieser Pfeilspitze: "Na warte, Du wildschwein! Dich krieg ich schon noch!!!.... ???

Und dann dieser unglaubliche Schwund! Einmal zu kräftig draufgeschlagen, schon haben wir zwei Hälften! Wie hat man eigentlich vor 6000 Jahren geflucht???  :wow:

Oder war es ganz anders? War die Sahara dort vor 6000 Jahren etwa ein Mörder-Schlachtfeld?

Jedenfalls würde ich so etwas - trotz meines Gesellenbriefs als Werkzeugmacher (Ja doch! Man sollte immer einen 2. Beruf im Kofferraum haben!) - beim besten Willen nicht zustande bringen!

Gruß

Bernd




Speci-Man

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #1 am: März 23, 2007, 02:47:08 Vormittag »
Hallo Paragraph!
Da hast du aber wirklich ein Schnäppchen an Land gezogen! Woraus die Spitze wohl besteht? Da das Bild sehr grünstichig ausfällt und ich von Mineralien keinen blassen Dunst habe, fällt mir lediglich der Begriff "muscheliger Bruch" ein.
Gruß
Speci-Man

Offline Aurum

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #2 am: März 23, 2007, 06:26:51 Vormittag »
Hallo Bernd ,

Wirklich ein schönes Stück , da kommt in mir doch schon etwas Neid hoch ( aber nur sehr wenig ) , was das Fälschen angeht so weis ich das in den USA es Indianer Stämme gibt die diese Pfeilspitzen immer noch von Hand herstellen und  verkaufen. Doch sind diese die ich gesehen hatte alle aus tief schwarzen Vulkanglas gemacht worden , deine scheint aus Feuerstein ( Flint ) zu bestehen .

Solltest du je mal nach Düsseldorf kommen mach einen Abstecher ins Neandertal Museum dort kannst du eine ganze Menge mehr davon sehen und auch noch andere Steinzeit Werkzeuge .
Der eintrit ist zwar nicht ganz billig aber es lohnt sich auf alle Fälle .

Bis dann Lutz  :winke:   
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Offline Aurum

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #3 am: April 30, 2007, 08:37:47 Vormittag »
Morgen Bernd ,

Sandra und ich waren am Wochenende mal wieder im Neandertal und haben uns dort etwas abseits der Wege umgesehen , so 400 Meter abseits der damaligen Fundstelle bin ich dann auf etwas schwarz Glänzendes gestossen . Was sagst du nun  :lacher:

Keine sorge die ist garantiert nicht Echt die habe ich wirklich 400 Meter abseits der Fundstelle gefunden , An der Kasse des Neandertal Museums , sie ist auch wie du erkennen kannst nicht aus Feuerstei ( Flint ) wie deine , sondern aus Obstiandan und kommt bestimmt aus den USA , sie war auch fast 7 mal so teuer wie deine ( 6.95 Euro )  :crying:

Bis dann Lutz  :winke:

P.s. in dem Museum ist es mir gelungen auch noch an Neodymagnete zu bekommen , auch nicht schlecht was man so alles da finden kann  :auslachl:
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Offline paragraf

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #4 am: April 30, 2007, 12:48:40 Nachmittag »
Tach Lutz,

Anfangs war ich leicht geschockt, ob Deines Beitrags..dachte ich, der Lutz schon wieder, Sandra wird schon Recht haben: Wenn er was findet, wird er es kurz vorher hingelegt haben...  :lacher:

Wie kann man erkennen, ob was aus Obsidian ist? Sowas gibt es in D´dorf doch nicht - oder war da ein Vulkan im Tal?

Gruß

Bernd

Offline Aurum

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #5 am: April 30, 2007, 19:53:17 Nachmittag »
Hallo Bernd ,

wie schon mal geschrieben war ich schon mal im Yellow Stone Park dort kann man recht einfach  Obsidian  finden , das sammelm ist aber leider verboten  ( Was ich nachvolziehen kann )  :fingerzeig:
Für Obsidian ist die Farbe wie ich sie kenne typich und auch der Muschel artige bruch der Kannten sprechen dafür , ich vermute das diese Spitzen aus den UAS kommen da ich sie dort auch gesehen habe .
Kleine Randbemerkung das Museum verfügt auch über eine Steinzeitwerkstat in der auch Steinwerkzeuge hergestellt werden , dort können sich Besucher und Gruppen , nach Voranmeldung in verschiedene Handwerkstechniken unterweisen lassen . Vileicht sind sie ja auch dort entstanden , und man hat sich nur das Rohmaterial liefern lassen . Ob es Fundstellen in Deuschland gibt will ich nicht ausschliessen doch da fragst du besser mal unseren Minerarlien Reed  ( Hoffendlich ist der Name richtig geschrieben ) .
In düsseldorf und umgebung jedenfals kommt dieses Mineral nicht vor genau so wenig wie Flint, doch wurden genügend Werkzeuge aus diesem Material im Neandertal gefunden , das zeigt das es darmals auch schon ausgepräte Handelswege gab .und der Tausch wohl florierte . :baetsch:

( komme mir langsam vor wie der PR Agent des Museums  :gruebel: )

Bis dann Lutz  :winke:
 
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Offline paragraf

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #6 am: Mai 01, 2007, 03:07:28 Vormittag »
Hallo Lutz,

danke für die Info. experimentelle Archäologie empfinde ich als extrem spannend. Ich hatte mal einen Bericht im TV gesehen, wo experimentierende Archäologen im alten Römer-Style versuchten, die Alpen mit ihren Pferden, Kurzschwertern, Pilums (Pila?!!) etc. von Nord nach Süd zu überqueren.

Meine Güte hatten die Schwierigkeiten mit ihren Waffen und Pferden (weil kein Impfpass oder so...) an der schweizer Grenze!!!  :streit: :streit: :streit:  :fluester:

Gruß

Bernd

Pentagonit

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #7 am: Dezember 10, 2007, 23:10:07 Nachmittag »
Chalcedon!

Offline paragraf

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #8 am: Dezember 17, 2007, 00:37:45 Vormittag »
sicher? nicht obsidian oder feuerstein?

Offline Dirk

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #9 am: Dezember 17, 2007, 01:03:56 Vormittag »
hier mal eine alte Pfeilspize unter dem Stereomikroskop. Fundort: Sahara, Alter: 5000 bis 7000 Jahre, Wert bei Ebay mit "Lieb-Einkaufen-Funktion": 1,- EUR  :lacher:

Wobei sich mir folgende Fragen stellen:

"Globalisierte Kinderarbeiter" werden wohl kaum in der Lage sein, so etwas heute herzustellen (sprich: Zu Fälschen), oder?

"Globalisierte Erwachsene" vielleicht? Wohl doch nicht, oder?

Hallo Bernd,

Fälschung oder Nicht-Fälschung - diese Frage ist bei mir auch mit vielen Zweifeln verbunden. Ich habe auch drei Pfeilspitzen - Deinen nicht unähnlich! - die habe ich für 10 Euro bei einem Marokkaner auf der Meteoritenbörse in Gifhorn gekauft, vor zwei Jahren oder so. Und der Mann hatte tatsächlich ne ganze Plastiktüte voll mit diesen Dingern - keine Ahnung, wieviele da drinn waren - bestimmt aber mindestens 500!!  Kann man denn wirklich so viele steinzeitliche Pfeilspitzen finden ? Kommt mir irgendwie suspekt vor - ist vielleicht doch gefälscht!  Sehen aber trotzdemschön aus .....

Hier schnell noch ein Bild:

Liebe Grüße,
 x-01
Dirk

Speci-Man

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #10 am: Dezember 17, 2007, 12:09:19 Nachmittag »
Hallo Dirk!
"Suspekt" ist die richtige Bezeichnung.
Die Marokkaner sind berühmt für ihr handwerkliches Geschick. Da gibt es haufenweise Leute, die ihr ganzes Leben in der Hütte sitzen und vor sich hinhämmern. Die basteln dir auch sehr schöne Ammoniten und Trilobiten.
Halte deshalb Fälschung durchaus für eine denkbare Erklärung.
@ Bernd: Schau doch mal bei Ebay nach, was Dein Verkäufer sonst noch so treibt. Wenn es sich um Serienverkauf oder gar einen Shop handelt, wäre das ein weiteres Indiz.
Grüße
Gerhard

Offline Haschr Aswad

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #11 am: Dezember 18, 2007, 23:15:40 Nachmittag »
Wer sich einmal in der Sahara umgetan hat, der kann an der Echtheit der aus Marokko stammenden Neolithica keinen Zweifel mehr haben. Zmindest was die gwöhnlichen Artefakte angeht. Es gibt Gegenden, da kann man in ein bis zwei Stunden rund ein kg an Pfeilspitzen zusammenbekommen. Besonders an den Ufern ausgetrockneter Seebetten, oder an den Rändern der Gebirgswadis und den Einzugsbereichen der Gueltas bestehen ganze Hangmolassen aus Artefakten. Das Material ist an diesen Stellen über Jahrtausende verschossen und verloren worden, einsedimentiert und dann durch Erosionsprozesse, ähnlich wie bei den Meteoriten, konzentriert auf der heutigen Oberfläche zu liegen gekommen. Das ist auch der Grund warum die abfolgenden Epochen an diesen Stellen wild durcheinanderliegen. Jedenfalls käme kein Marokkaner auf die Idee, Flint ranzuschleppen (der in der Sahara gar nicht so häufig vorkommt und über weite Distanzen gehandelt wurde) und mittels Druck- und Punktretusche in stundenlanger Arbeit bifaziale Pfeilspitzen herzustellen und diese dann für einen Euro das Stück an Zwischenhändler zu verkaufen, wenn er für eine Tankfüllung Sprit einige hundert wenn nicht tausend Pfeilspitzen sammeln kann, bzw. diese noch günstiger von den nomadisierenden Berbern und Tuareg einkaufen kann. Das schöne oben gezeigte Stück mit guter Symmetrie und einem Widerhaken ist ohnehin eine Sache für sich, das ist selbst mit jahrelanger Erfahrung nicht ohne weiteres hinzubekommen.
« Letzte Änderung: Dezember 18, 2007, 23:46:51 Nachmittag von Haschr Aswad »

Speci-Man

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #12 am: Dezember 19, 2007, 01:52:23 Vormittag »
Hallo Haschr!

Klasse erklärt! Hätte mir nie träumen lassen, dass es zu solchen Konzentrationen kommt. Dagegen kann auch der emsigste Kunsthandwerker nicht anhämmern. Demnach gibt es für den Paragraphen eine gute und eine schlechte Nachricht:
1.) Das Artefakt ist echt.
2.) Der materielle Wert ist gering

Immerhin gibt es ja noch einen ideellen Wert.

Und dann gibt es ja auch noch den Mantel der Geschichte, der hier vorbeirauscht. Immerhin sind dies auch Zeugen einer Zeit, in der die heutige Wüste noch von üppiger Flora bedeckt war. Kann mir vorstellen, dass wohl nur unter diesen äußeren Umständen ein Pfeil bei der Jagd verloren gehen kann. Wenn man bedenkt, wieviel Arbeit in der Anfertigung einer Pfeilspitze steckte, muss der Jäger nach dem Fehlschuß sicher lange (und letztenendes vergeblich) nach Bernds Errungenschaft gesucht haben.  Genaues weiß man aber leider nicht. Womöglich war der Fehlschuss auch zugleich sein Todesurteil. Ein Leopard oder auch ein böser Nachbar haben ihn dann des lästigen Suchens enthoben.
Auch läßt die hohe Konzentration der Artefakte erahnen, über welch lange Zeiträume diese Gegebenheiten geherrscht haben müssen.
Darüber kann Bernd jetzt in stillen Mußestunden sinnieren, wenn er das zweifellos schöne Stück in Händen hält.
Grüße
Gerhard

Offline Haschr Aswad

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #13 am: Dezember 19, 2007, 09:19:35 Vormittag »
Das ist bedingt richtig. Die Flora im Neolithikum war allerdings nicht üppig sondern eine immer noch recht karge Savannen- und Steppenllandschaft. Die Felsgravuren aus dieser Zeit zeigen die typischen Savannentiere allerdings keine Waldbewohner, wie z.B. Affen. Die Projektile gingen weniger bei Fehschüssen verloren. Vielmehr ist nicht jeder Treffer tödlich und so manches Wild legt auch mit einer oder mehreren Pfeilspitzen im Körper noch weite Strecken zurück, um dann irgendwo zu verenden - oder auch nicht. Leoparden sind den Gravuren zu Folge nicht mit Pfeilen gejagt, sondern gespeert worden. Das machen die Tuareg heute noch so. Pfeile wurden auf Klein-, Nieder- und Flugwild, aber auch auf Strauße verschossen. Für manche Großwildarten verwendete man Projektile mit Querklingen, die Verletzungen mit großem Blutverlust zufügten (sehen aus wie der Kopf eines Hammerhais).

Speci-Man

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Re: Pfeilspitze unter dem Stereomikroskop
« Antwort #14 am: Dezember 20, 2007, 11:52:39 Vormittag »
Alle Achtung, Haschr!
Du scheinst mir auf diesem Gebiet wirklich viel Kenntnis zu besitzen. Dagegen müssen sich meine Mutmaßungen (die eines Halbgebildeten) besser verstecken. Kompliment!
Gerhard

 

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